Schwester Anna Mayrhofer von den Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens engagiert sich in Österreich gegen Menschenhandel Schwester Anna Mayrhofer von den Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens engagiert sich in Österreich gegen Menschenhandel 

Ö: „Ausbeutung von Menschen ist zu wenig bewusst“

Diesen Samstag begeht die katholische Kirche den Weltgebetstag gegen Menschenhandel. Die vielfältige Form der Ausbeutung von Menschen, auch in Österreich, ist vielen noch nicht genug bewusst, sagt Ordensfrau Anna Mayrhofer im Gespräch mit Radio Vatikan.

Schwester Anna ist quasi eine der Gründerinnen von Solwodi Österreich, einer Vereinigung von Ordensfrauen gegen Menschenhandel. Im Gespräch mit uns berichtet sie unter anderem über ihre Arbeit in einer Wiener Schutzwohnung für Frauen, die der Prostitution entkommen sind, und darüber, wie vielfältig die Ausbeutung von Menschen heute ist. Sie sagt auch, was jeder von uns gegen diese tun kann.

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Radio Vatikan: Sie sind in einer Schutzwohnung für Frauen in Wien selbst aktiv, wie sieht Ihre tägliche Arbeit da aus?

Schwester Anna: Wir können zehn Frauen mit Kindern aufnehmen, das sind bei uns in Österreich vor allem Frauen aus Nigeria, die Menschenhandelsopfer sind. Wir haben viele Frauen aus Ungarn und Rumänien und weiteren Nationalitäten. Die größte Gruppe sind Nigerianerinnen und Ungarinnen. Speziell hier in Wien kommen Frauen oft auch schwanger zu uns, weil sie schon versucht haben, dem Milieu zu entkommen, indem sie eine Beziehung eingegangen sind. Als sie schwanger wurden, hielt diese jedoch nicht.

„Sprachlosigkeit ist die erste Hilflosigkeit.“

Die Frauen werden an uns vermittelt und wir helfen ihnen im Prinzip bei allem: Das erste ist Deutsch lernen – denn Sprachlosigkeit ist die erste Hilflosigkeit – dass sie ihre Dokumente bekommen, dass ihr Aufenthalt geregelt wird, dass sie zu Ärzten gehen können. Viele Frauen haben massive Probleme, sind traumatisiert. Wir organisieren Therapien, helfen bei der Jobsuche und versuchen sie an bestehende Hilfssysteme anzubinden.

Radio Vatikan: Das klingt nach viel Arbeit und es sieht aktuell auch nicht so aus, als würde die Arbeit für Sie schnell weniger werden. Der Weltgebetstag gegen Menschenhandel wird inzwischen schon zum fünften Mal begangen – sind da konkrete Auswirkungen sichtbar?

„Bewusstsein dafür schaffen, wie viele Menschen zu uns kommen und auch bei uns hier ausgebeutet werden“

Schwester Anna: Ich denke, dass er eine Rolle dabei spielt, ein Bewusstsein für das Problem zu wecken. In Österreich sind nicht nur wir in Wien tätig sondern etwa auch die Salvatorianerinnen in Linz, auch Organisationen die außerkirchlich organisiert sind und ein Bewusstsein dafür schaffen, wie viele Menschen zu uns kommen und auch bei uns hier ausgebeutet werden – sei es in der Prostitution, was natürlich der größte Bereich ist, sei es am Bau, in der Landwirtschaft, bei uns als Bettler. Ich denke, dass das viel zu wenig bewusst ist und da gerade auch der Weltgebetstag in der katholischen Kirche dieses Bewusstsein fördert.

Bewusstseinsbildung allein reicht nicht

Es kann gar nicht genug Bewusstseinsbildung für dieses Problem geschaffen werden – wobei das alleine nicht reicht: Die Leute müssen sich dafür engagieren, ihr Konsumverhalten ändern, sei es beim Klamottenkauf oder bei den guten Smartphones, für die Leute in Afrika besondere Erden schürfen müssen, oder das Konsumverhalten der Freier, wenn sie sich Frauen kaufen. Dieses Thema wird von der katholischen Kirche auch nicht so gerne angegangen, weil wir immer denken, wir wirken dann moralisierend. Es sind unsere Männer, unsere Freunde, unsere Brüder, unsere Väter, unsere Arbeitskollegen, die diese Frauen kaufen und hier in Österreich ganz zahlreich.

Die Fragen stellte Stefanie Stahlhofen.

(vatican news)

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07. Februar 2020, 16:54