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P. Karl Wallner OCist P. Karl Wallner OCist 

Unser Sonntag: „Lust auf volle Netze“

Pater Karl Wallner ruft uns in dieser Betrachtung auf, wirklich missionarisch zu sein. Jesus habe keine Handwerker oder Beamten berufen, sondern Fischer: Die seien ungeduldig und wollten Fische fangen. Jesus wollte, dass sie seine Botschaft hinaustragen und alle Menschen erfahren, wie sehr Gott sie liebt.

Prof. P. Dr. Karl Wallner OCist

Mt 4, 12-23

Das heutige Evangelium beginnt mit einer einzigartigen Bemerkung: Dass Johannes der Täufer ins Gefängnis kam und Jesus daraufhin nach Galiläa aufbrach. Das bedeutet so viel, sich von der Heimat zu trennen, wo er aufgewachsen ist und in ein beinahe fremdes Land zu ziehen.

Unser Sonntag - hier zum Nachhören

Wir wissen von einer anderen Stelle, dass die Menschen dort sogar einen anderen Dialekt sprachen – Petrus wurde ja nach der Verhaftung Jesu an seinem galiläischen Dialekt erkannt. - Eines war aber überall verständlich: die eindeutige Botschaft Christi: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe! Aus dieser Botschaft heraus beruft Jesus auch seine ersten Jünger – und sie sind Fischer. 

Die Bedeutung der Geographie

Am Beginn des Jahres stellt uns die Kirche im heutigen Evangelium die Anfänge ihrer selbst vor Augen. Denn Jesus beginnt – nach 30 Jahren des verborgenen Lebens in Nazareth – jetzt, seine Kirche aufzubauen: Jesus hat gehört, dass Johannes der Täufer – sein Cousin und sein Wegbereiter – ins Gefängnis geworfen wurde. Daraufhin verlässt Er Nazareth und geht an den See von Tiberias, der auch See von Galiläa oder „Galiläisches Meer“ genannt wird. Er wird dort, so hören wir, in Kapharnaum Wohnung nehmen.
Galiläa ist im Norden von Judäa, wo Jerusalem liegt. Dazwischen liegt Samarien, das von den Samaritern bewohnt wurde, die den Juden als Häretiker und Abtrünnige galten, weil sie den Tempelkult in Jerusalem nicht mitmachten. Die Galiläer aber waren treue Juden, die immer hinunter, in den Süden, nach Jerusalem pilgerten. Freilich galten sie den Juden in Judäa als „provinziell“, als „rückständig“, als eine „finstere Weltgegend“. Darum betont das Evangelium , dass sich die Worte des Propheten erfüllen sollen, dass ein Volk, das bis dahin im Dunkel saß, plötzlich ein helles Licht sieht. Jesus geht also nach Galiläa hinab. „Hinab“ deshalb, weil Nazareth 300 Meter über dem Meeresspiegel liegt, der See von Tiberias aber 200 Meter unter dem Meeresspiegel.

„Johannes ist die Gestalt, die das Alte und das Neue Testament verbindet.“

Die erste Botschaft Jesu: Kehrt um!

Aber wichtiger, als diese tiefe Verbundenheit mit Johannes ist seine eigene Mission: den Vater im Himmel zu zeigen, die Liebe Gottes zu den Menschen zu verkünden. Und diese beginnt damit, dass unsere Herzen sich auf diese Liebe aufmachen, dass wir uns Gott entgegenstrecken. Deshalb ist die erste Botschaft Jesu, noch vor seinen vielen Heilungen und Wundern die eine: Kehrt um!
Jesus will offensichtlich nicht, dass er wie ein zweiter, aufgesteigerter Mega-Johannes-der-Täufer verstanden wird. Er ist nicht ein menschlicher Mittler zwischen Gott und Mensch, sondern Er ist Gott selbst, der auf die Seite des Menschen getreten ist, um ihn zu erlösen. Und so geht Er dorthin, wo sich das Wort des Propheten erfüllen soll: nach Galiläa. Er ist nicht einer unter vielen, die den Menschen helfen; seine Botschaft ist nicht ein nächster bloßer Ruf, sondern in seiner Person und in seinen Taten wird das erlösende Heilshandeln Gottes, das im Alten Testament so sehnsüchtig erwartet wurde, zu einer unüberbietbaren Realität.
Dieses Geschehen ereignet sich aber, indem Jesus – über die Betrachtungen hinaus – ganz konkret auf die Menschen zugeht. Bitte beachten wir: Der Aufruf „Kehrt um!“ ist nicht etwas, was man gerne hört – und war es nie davor. Jesus verbindet ihn aber mit einer Verheißung: Denn das Himmelreich ist nahe. Das Himmelreich, das in seiner Person zu einer Realität wird, ist im Keim bereits da. Es wartet nur noch auf seine Entfaltung, auf die Stunde Jesu, in der er uns erlöst.
Jesus ist kein Träumer. Er beginnt sein Wirken nicht mit einem Gleichnis, auch nicht mit einer schönen Predigt. Auf die Verheißung, dass das Himmelreich nahe ist folgt gleich die Tat: Die Berufung der ersten Jünger am Seeufer von Galiläa. Jesus ist kein Träumer, er weiß, wen er beruft. Ich lade Sie ein, ein bisschen darüber nachzudenken, was es bedeutet, dass Jesus seine Kirche mit einer bestimmten Berufsgruppe beginnt: Denn seine ersten Jünger, die er dann Apostel nennt, hatten alle einen Beruf: sie waren Fischer.

Jesus berief keine Beamten...

Jesus ist ja nie an einem Ort geblieben, er ging und ging – und er sah viele Menschen, mit vielen hatte er Kontakt. Aber während die Handwerker auf die Präzision ihrer Werke schauen, während die Beamten mit ihrer Ordnung beschäftigt sind und die Schneider in Muße werkeln… haben die Fischer nur einen Lebenstraum: immer volle Netze zu haben! Ihre Existenz ist darauf ausgerichtet. Das Reparieren der Netze hat nicht das Ziel, dass sie dann schöner ausschauen, sondern dass sie mehr Fische fangen. Das Bootfahren hat nicht das Ziel, die herrliche Landschaft Galiläas zu bewundern, sondern: mehr Fische zu fangen.
Jesus berief also als erstes keine Handwerker, keine Beamten und auch keine Hirten, sondern: Fischer. Fischer sind ungeduldig, sie haben Lust auf volle Netze. Fischer wollen Fische fangen. Und Jesus wollte genau diese Gesinnung als er die Fischfischer zu Menschenfischern berief. Er wollte, dass seine Botschaft hinausgetragen wird, dass alle Menschen erfahren, wie sehr Gott sie liebt.
Das ist die erste Qualifikation von Jüngern Christi, dass sie eine Fischermentalität mit der Lust auf volle Netze haben. Das gilt auch für ein anderes Bild vom „guten Hirten“, das Jesus verwendet: Der gute Hirt will eine große Herde, eine Herde mit vielen Schafen und er läuft daher ohne Rücksicht auf sich selbst jedem verlorenen Schaf nach. Das sind die apostolischen, die missionarischen Mentalitäten, die die Jünger Christi prägen müssen!

Mission statt Frustration

Die ersten Jünger waren „missionarisch“! Jesus nannte sie auch „Apostel“. Der griechische Name „apostolos“ bedeutet auf Lateinisch „missionarius“. Ein Apostel ist ein Gesandter, ein „Missionar“. Jesus hat sehr bewusst Fischer geholt. Eine Kirche, in der die Fischermentalität nicht mehr lebendig ist, ist bald tot. Das 2. Vatikanum sagt, dass die Kirche „ihrem Wesen nach missionarisch ist“ (Ad Gentes 2). Die Apostel wurden von Jesus sehr bewusst ausgewählt, denn ihre Aufgabe sollte es ja werden, Menschen für Christus zu gewinnen!
Auch wir müssen wieder lernen, „apostolisch-missionarisch“ zu fühlen, zu wollen: Wir müssen volle Netze wollen! Wir müssen lernen für die Schönheit des Glaubens zu werben, denn der Glaube wird heute nicht mehr wie früher selbstverständlich von Eltern an Kinder weitergegeben. Die schrumpfende Kirche in Europa braucht Mission statt Frustration. Statt Resignation das Zugehen auf diejenigen, die nicht mehr oder noch nicht Christen sind. Das ist nicht nur der Job von Pfarrern, Diakonen, Pastoralassistentinnen oder Religionslehrern, sondern von allen Gläubigen! Wir alle haben diese Sorge mitzutragen. Wir alle brauchen eine Mentalität des Hinausgehens – die Mentalität von Fischer, die volle Netze wollen. Wir alle sind zu wenig missionarisch. Viele Menschen kennen Christus noch nicht oder zu wenig oder nicht mehr - und wir tun zu wenig, dass sich das ändert.
Jesus lädt uns heute ein, wieder zu den Ursprüngen der Kirche zu gehen, zur Berufung der ersten Jünger. Er will, dass wir alle Fischer werden, die volle Netze wollen: Das heißt: Die wollen, dass viele – ja alle Menschen erkennen - : Gott liebt uns.

(vatican news - claudia kaminski)

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25. Januar 2020, 11:00