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P. Karl Wallner OCist P. Karl Wallner OCist 

Unser Sonntag: Die Taufe Jesu

War die Taufe des Johannes schon revolutionär für das jüdische und antike Verständnis, so erläutert Pater Wallner in seiner Betrachtung, dass die Taufe Jesu einer Sensation gleich kommt: „mit Jesus am Jordan tritt niemand geringerer als Gott selbst in das Bemühen des Menschen hinein, vor Gott rein zu werden“.

Prof. P. Dr. Karl Wallner OCist

Mt 3, 13-17 

Fest Taufe des Herrn

Gerade haben wir Weihnachten gefeiert und den kleinen Jesus in der Krippe angebetet. Heute gedenkt die Kirche der Taufe des Herrn. Wir haben einen gewaltigen Zeitsprung gemacht, denn die Taufe Jesu fand nicht ein paar Wochen nach seiner Geburt statt. Zwischen Jesu Geburt in Bethlehem und seiner Taufe am Jordan liegen die 30 Jahre des verborgenen Lebens in Nazareth. Jesus hat in der Wüste gefastet; er hat dem Satan widerstanden. Und jetzt kommt er zu seinem Cousin, zu Johannes dem Täufer, der sechs Monate älter ist als er, an den Jordan.

Unser Sonntag - hier zum Nachhören

Johannes ist der Rufer in der Wüste. Er predigt Buße und Umkehr und hält den Menschen ihre Sünden vor. Jesus stellt sich in die Reihe derer, die sich im Jordan untertauchen lassen wollen. Er bittet um die Taufe. Ein an sich unverständliches Verhalten – kein Wunder, dass Johannes es zunächst ablehnt, ja, dass er erschrocken reagiert: DU kommst zu mir? Jesus aber will getauft werden. Warum?

Die eine Offenbarung

Ursprünglich hat die Kirche das Fest der Taufe Jesu zusammen mit dem der „Epiphanie“, der „Erscheinung des Herrn“ begangen, das wir heutzutage am 6. Januar feiern. In der ostkirchlichen Tradition ist das sogar bis heute so. Tatsächlich gehören Epiphanie und Taufe zusammen, weil es bei beiden Ereignissen um einen zentralen Punkt geht: um eine Offenbarung der Herrlichkeit Gottes: Die Weisen aus dem Orient beten in dem Kind den ewigen Gott an. Und am Jordan öffnet sich der Himmel und die Stimme des Vaters verkündet Jesus als „Das ist mein geliebter Sohn!“ Epiphanie und Taufe offenbaren also Jesus als den Messias, den Christus, den Sohn Gottes, der auf die Welt gekommen ist, um uns zu retten und zu erlösen.

„Jesus Christus ist der Sohn Gottes!“

Übrigens: Die Stimme aus der Wolke ist nicht die erste Offenbarung der Gottheit Jesu und schon gar nicht die Erstannahme Jesu von Gott. Die Stimme vom Himmel bei der Taufe bestätigt nur das, was schon die Engel auf dem Feld über Betlehem gesungen haben, was die Könige angebetet haben, was Simeon im Tempel gepriesen hat: Dass nämlich in Jesus Christus Gott selber zu uns hinabgestiegen ist, uns gleich geworden ist. „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn zu uns gesandt hat!“ So lesen wir es im Johannes-Evangelium (Joh 3,16). Darum geht es heute, als sich der Himmel über Jesus am Jordan öffnet.

Die Taufe des Johannes als äußeres Zeichen der Umkehr...

Dabei kann einem seltsam vorkommen, dass der Sohn Gottes, der doch Herr über alles ist, die Taufe „zur Vergebung der Sünden“ auf sich nimmt. Die Taufe, die Johannes verkündet hat, war ein äußeres Zeichen für den inneren Wandel, für die Bereitschaft zur Umkehr. Menschen, die sie empfangen haben, wollten damit sagen: Ich will etwas in meinem Leben ändern, ich will von nun an so leben, wie es dem Gesetz Gottes entspricht. Damals gab es im Umkreis des Volkes Israel und im Judentum selbst viele Reinigungsrituale und kultische Waschungen. Den Juden waren Waschungen zu allen möglichen Anlässen vorgeschrieben. Sie mussten sich in eigens dafür vorgesehenen Ritualbädern – in der sogenannten „Mikwe“– waschen, um kultisch rein zu werden.
Es konnte sich dabei um die eigene Sünde handeln, um eine vergangene Krankheit, um die Berührung mit Blut, um die Berührung mit einem Nicht-Juden, - denn diese galten als unrein. Man stieg in die Mikwe, um sich zu waschen, aber auch, um von einem Fluch befreit zu werden, um Verwünschungen loszuwerden, um sich von einem Kontakt mit einem Heiden zu reinigen. Diese Reinigungsriten gaben ihnen den Eindruck, das Unreine loszuwerden, sich von der Vergangenheit abzugrenzen. Waschungen waren ein wichtiger Bestandteil des Kultes. Man durfte sich etwa einer Synagoge oder gar dem Tempel in Jerusalem nicht nähern, wenn man sich zuvor nicht gewaschen hat.

...und Ausrichtung auf das Zukünftige

Johannes der Täufer knüpft an diese Tradition der „kultischen Reinheit“ an. Und doch geschieht hier am Jordan etwas völlig Neues: Es geht bei der Johannestaufe nicht um die Reinigung des Körpers von Vergangenem, sondern es geht in erster Linie um eine Ausrichtung auf das Zukünftige. Es geht um die Entscheidung, das Alte hinter sich zu lassen, um einen neuen Lebensweg zu beginnen. Johannes will, dass sich die Menschen taufen lassen, damit sie ihre Bereitschaft ausdrücken, neu anzufangen. Das Ziel dieser Reinigung ist nicht die Teilnahme an einer kultischen Feier, sondern eine dauerhafte Bekehrung und innere Veränderung. Eine derartige Reinigung kennt die antike Welt nicht. Sie kennt keine Reinigung, die etwas anderes als Ziel gehabt hätte als die Möglichkeit der Annäherung an das Göttliche, an den Tempel, an das Heilige. Die Taufe des Johannes war also an sich revolutionär für das jüdische und antike Verständnis von kultischer Reinigung. Und trotzdem hat Johannes gewusst: Sie ist immer noch nicht das Eigentliche und Endgültige. Und nun sind wir bei der Taufe Jesu:

„Die Taufe Christi ist ein ausdruckstarker Eintritt Gottes in die Wirklichkeit des Menschen.“

Das Sensationelle ist, dass mit Jesus am Jordan niemand geringerer als Gott selbst in das Bemühen des Menschen hineintritt, vor Gott rein zu werden. Die Taufe Christi ist ein ausdruckstarker Eintritt Gottes in die Wirklichkeit des Menschen. Dort, wo sich der Mensch nach Gott ausstreckt, wo er die eigene Sündhaftigkeit anerkennt, wo er bereit ist, den eigenen Weg zu ändern, da tritt Gott hinein. Jetzt geht es nicht mehr um menschliche Bemühung, rein zu werden und sich damit dem Heiligen nähern zu dürfen. Denn der Heilige Gottes nähert sich selbst dem menschlichen Tun: der Sohn Gottes steigt selber in die Wasser des Jordans und stellt sich dorthin, wo die Sünder stehen.
Jesus hätte die Taufe nicht notwendig gehabt. Johannes drückt das selbst aus, indem er das sensationelle Wort spricht, das bereits auf die Sühne Christi am Kreuz hinweist: „Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ (Joh 1, 29). Das Wegnehmen der Sünde, das der Sohn Gottes am Kreuz leisten wird, besteht aber gerade nicht in einem bloßen göttlichen Dekret, sondern in dem göttlichen Tun, dass der Sohn Gottes in die Wirklichkeit des Menschen, des Sünders, hineinsteigt. Dass er sich uns gleich macht. 

Die Demut Gottes

Die Taufe ist noch mal die Bestärkung der Demut Gottes, die schon in der Krippe erschienen ist. Da kam Jesus in den Dreck und die Kälte des Stalls hinein, ruhte aber in den liebenden Armen seiner Mutter, umgeben von den Hirten und den Weisen aus dem Osten. Im Jordan steigt er in den Dreck der menschlichen Sünde, macht sich noch kleiner und kündigt seine Erlösungstat schon im Voraus an. Er solidarisiert sich mit all jenen, die die Sünde hinter sich lassen wollen. Er nimmt die Sünde der Welt auf sich, endgültig am Kreuz, zeichenhaft aber schon hier im Jordan. Die Taufe ist deshalb eine sehr schöne Brücke zwischen der Betrachtung des Kindes in der Krippe und der Hinnahme unserer Sünden in der Dunkelheit des Kreuzes. Und in allen drei Ereignissen erscheint auf verschiedene Weisen die eine Wahrheit: „Das ist mein geliebter Sohn“ (Mt 3,17). Das ist unser Erlöser. Das ist das Lamm Gottes, das meine und deine Sünden wegnimmt.

Die Kirche gibt uns also am Anfang des Neuen Jahres mit dem Fest der Taufe des Herrn eine große Ermutigung: Nicht du musst dich erlösen, sondern der Sohn Gottes tut es. Und zugleich werden wir heute daran erinnert, dass diese Erlösung schon seit unserer Taufe unser Leben prägen soll. Wir sind schon – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – zu erlösten Kindern Gottes geworden. Bleibt also nur die Frage: Leben wir auch so? Antworten wir mit einem christlichen Leben auf das, was uns der Sohn Gottes geschenkt hat?


(vatican news - claudia kaminski)
 

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11. Januar 2020, 11:00