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Weihnachtsmarkt in Innsbruck Weihnachtsmarkt in Innsbruck 

Österreich: Bischöfe betonen zu Weihnachten Menschenwürde

Das Geheimnis von Weihnachten aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet haben die österreichischen Bischöfe in ihren Weihnachtspredigten. Gemeinsam war allen, dass die Menschwerdung Gottes dem Menschen eine unveräußerliche Würde gibt und Weihnachten deshalb auch dazu dränge, diese Würde im Anderen zu sehen und mit ihm solidarisch zu sein.

„Weihnachten ist mehr als äußere Fassade oder Blendwerk.“ Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in seiner Predigt am Christtag im Innsbrucker Jakobsdom betont. Es gehöre zur Bildsprache der traditionellen Krippen, dass der Geburtsort Jesu nicht nur als Stall, sondern als Ruine dargestellt wird. Der Grund für die Darstellung sei die Überzeugung, dass Jesus durch sein Kommen die „zerfallene Hütte“ seines Volkes wieder aufrichten wollte, wie es beim alttestamentlichen Propheten Amos heißt.

Glettler: Mit Jesus beginnt ein Wiederaufbauprogramm

Glettler: „Aufbauen, Heilen, Wiederherstellen - das ist die verlässliche Arbeit Gottes.“ Die Ruinen im Krippenaufbau seien darüber hinaus ein Bild für die „Großbaustelle Menschheit“ insgesamt. An unzähligen Orten bestehe Handlungsbedarf: „Mehr Chancengleichheit, mehr Gerechtigkeit, mehr Frieden.“ Und dies betreffen auch den gesamten ökologischen Bereich. Jesus sei gekommen, um zu heilen und wiederaufzubauen. Durch sein Kommen beginne ein Wiederaufbauprogramm.

Glettler: „Gott hat unsere Ruinen, Fragmente und unfertigen Baustellen nicht gescheut. Ja, wir können Gott auch kein perfektes Ambiente bieten, sondern nur die Sehnsucht, ihn empfangen zu wollen. Alles Übrige macht er selbst.“ Gottes Gegenwart hilft, jede Form einer egoistischen, selbstbezogenen Abschottung und Abgrenzung zu überwinden. „Wenn wir Weihnachten in uns zulassen, dann werden wir aufmerksam für jene, die ausgeschlossen sind. Es sind viele, die ihre heimatlichen Häuser verlassen mussten oder auch in unserem reichen Land plötzlich ohne Wohnmöglichkeit dastehen.“

Lackner: Zu Weihnachten den Blick schärfen

Die Art und Weise, wie Gott als Mensch unter Menschen angekommen ist, müsse nachdenklich stimmen, so der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in seiner Predigt bei der Christmette im Salzburger Dom: „Nicht in der heiligen Stadt, nicht im Tempel, sondern in deren toten Winkel; abseits, gleichsam im blinden Fleck der pulsierenden Stadt Jerusalem.“ Und das gelte eigentlich auch heute: „Nicht in Rom, nicht im hohen Dom zu Salzburg geschieht Bethlehem, sondern an unseren blinden Flecken und toten Winkeln. Das sollte uns nachdenklich stimmen.“

Darum gelte es den Blick zu schärfen „und in der Schönheit der Liturgie doch auch die Armut des Stalles in uns und unter uns nicht zu übersehen“, so Lackner und weiter: „Der Anblick des Jesukindlein in der Krippe soll uns selig stimmen, aber vergessen wir nicht, das ist die eine, die verherrlichte Seite, es gibt auch die andere; Jesus in den Armen, Flüchtlingen, Kranken und Einsamen. Die dürfen wir nicht vergessen. Gott hat eine Option für die Schwachen und Kleinen.“

„Reich Gottes ist kein Mehrheitsbeschluss“

„Die Menschwerdung Gottes“ versuchte Erzbischof Lackner in seiner Predigt am Christtag im Salzburger zu erläutern. „Das Reich Gottes ist nicht eine Anschauung, eine Doktrin, ein Programm, das man frei ausarbeiten kann, es ist vor allem eine Person, die das Antlitz und den Namen Jesu von Nazareth trägt“, verwies der Erzbischof auf ein Zitat von Papst Johannes Paul II.

Die allerletzte Instanz des christlichen Glaubens sei folglich auch nicht irgendein Mehrheitsbeschluss, auch nicht ein Konsens im Sinne eines kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern die Wahrheit im Sinne Jesu Christi, der von sich gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, so Lackner. Daher: „Wahrheit ist eine Person mit einem menschlich-göttlichen Antlitz.“

Scheuer: „Vor Gott gibt es nur Könige“

In der Menschwerdung Gottes gebe Gott jedem Menschen Würde und Wert, betonte Bischof Manfred Scheuer in seiner Predigt bei der Christmette im Linzer Mariendom: „Im Kind von Bethlehem schreibt Gott das Hoheitszeichen seiner Liebe auf die Stirn eines jeden Menschen, auf die Stirn der Freunde und Feinde.“


Scheuer: „Vor Gott gibt es nur Könige, die menschliche Würde ist unantastbar. Das ist die Haltung, die Jesus in seiner Person und Botschaft verkörperte. Das könnte auch den Umgang mit den Anderen in unserem Alltag beeinflussen.“ Auch Jesu Geburt sei kein Spektakel gewesen, sondern sei unter erbärmlichen Umständen abgelaufen. „Die Geburt Jesu ermuntert uns vielmehr, durch eine bewusste und achtsame Wahrnehmung des Anderen als einen König Veränderungen im Kleinen zu bewirken“, so der Bischof.

„Der Urwunsch nach Frieden ist erfüllbar“

In seiner Predigt am Christtag ging Scheuer auf die Sehnsucht der Menschen ein. Selbst bei nüchternen Realisten, bei Zynikern und Pragmatisten sei meist die Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe noch nicht ganz ausmerzt. Und der Bischof zeigte sich überzeugt: „Der Urwunsch der Menschheit nach Frieden, Liebe und Geborgenheit ist kein unerfüllbarer Traum, sondern die Sehnsucht, die Gott in der Menschwerdung seines Sohnes verwirklichen will.“

Manche passten sich freilich in ihrem Hunger nach Leben an die Glücks- und Konsumkultur an, so Scheuer: „Auf dem Jahrmarkt der Fertigprodukte gibt es viele Angebote an Aufputschmittel. Wenn bloß die Intensität des Gefühls zählt, ist es sekundär, ob die gesuchte Erfahrung durch Drogen, Musik, Sexualität oder Meditation erreicht wird.“ Das sei auch das Problem, wenn Religion von den Bedürfnissen des Menschen her gesehen wird. Der Bischof verwies auf den jüdischen Rabbiner Abraham Joschua Heschel (1907-1973). Dieser habe vor der Gefahr gewarnt, dass menschliche Bedürfnisse zu absoluten Zielen werden. „Er wendet sich gegen eine Verkrümmung der Sehnsucht nach Gott in eine Sorge um Bedürfnisbefriedigung.“

Rühringer: Lichter von Weihnachten


Im Wiener Stephansdom stand der emeritierte Domdekan Karl Rühringer - in Vertretung von Kardinal Christoph Schönborn - dem Festgottesdienst am Christtag vor. Er appellierte an die Gläubigen, dass die Lichter von Weihnachten nicht allzu schnell wieder verlöschen. Zeugen dieses weihnachtlichen Lichts würden in den kommenden Tagen etwa die zigtausenden Sternsinger sein, die in Stadt und Land unterwegs sein werden, um für Menschen in Not in aller Welt zu sammeln.

(kap – sk)

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25. Dezember 2019, 13:25