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D: Kostenübernahme von Trisomie-Tests stößt auf Kritik in Kirche und Politik

Die deutschen Bischöfe bedauern die Entscheidung, dass vorgeburtliche Bluttests auf das Downsyndrom künftig bei Risikoschwangerschaften von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden. Diese Förderung der nicht-invasive vorgeburtlichen Tests verstärke die Tendenz zu einer „Schwangerschaft auf Probe“, betonte DBK-Sprecher Matthias Kopp.

„Das lehnen wir aufgrund der Schutzwürdigkeit jedes menschlichen Lebens ab dem Zeitpunkt der Zeugung ab,“ so Kopp. Die Deutsche Bischofskonferenz kritisierte in diesem Zusammenhang, die Entscheidung berühre „den Schutz des ungeborenen Lebens auf empfindliche Weise, denn sie könnte die Entwicklung eines generellen Screenings auf eine Vielfalt von genetischen Auffälligkeiten und Eigenschaften im Rahmen der Pränataldiagnostik fördern“.

Wie der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) von Ärzten, Kliniken und Kassen in dieser Woche in Berlin entschied, sollen bei Risikoschwangerschaften vorgeburtliche Bluttests auf das Downsyndrom künftig von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden. Die Kosten sollten jedoch nur bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten übernommen werden, heißt es von Seiten des G-BA. Voraussetzung ist eine ärztliche Beratung.

Kontroverse Reaktionen

Die Entscheidung traf auf kontroverse Reaktionen. Union, Linke, Grüne und katholische Kirche kritisierten die Entscheidung, solche Tests unter engen Grenzen von den Kassen zahlen zu lassen. SPD und FDP begrüßten den Beschluss.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) befürchtet, dass es zu einem weiteren Anstieg bei den Abtreibungen wegen Down-Syndroms kommt. Präsident Thomas Sternberg warnte vor einer immer weitergehenden Qualitätskontrolle des ungeborenen Lebens. „Wir dürfen als Gesellschaft nicht zulassen, dass durch eine Kassenzulassung, die in der Verwaltungslogik folgerichtig erscheint, ungewollt die Rechte von Menschen mit Behinderungen schwer verletzt werden.“

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, sprach von einer fatalen Entscheidung. „Damit wird sich der Blick auf Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft Stück für Stück verändern und sich auch der Druck auf Eltern eines Kindes mit Behinderung deutlich erhöhen.“

Auch in der Politik herrscht Uneinigkeit

Aus der Politik warnte der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand (CDU), vor einem „zunehmenden Prozess schleichender Selektion von ungeborenem Leben“. Erbgut-Tests drohten zur Routine zu werden; das führe zu einem massiven Druck auf werdende Eltern, diese Angebote auch zu nutzen.

Für die Linke erklärte Kathrin Vogler, die Entscheidung sei ein Präzedenzfall für Hunderte weiterer Tests, die in der Entwicklung seien. Der G-BA habe aber kein Mandat, zu entscheiden, welche Normabweichungen tolerierbar seien. Vogler kündigte an, dass eine interfraktionelle Parlamentariergruppe aktiv werden will, um den Umgang mit solchen Gentests grundsätzlich zu regeln.

Auch die behindertenpolitische Sprecherin der deutschen Grünen, Corinna Rüffer, erklärte, die Politik müsse dringend die Bedingungen für genetische Testverfahren in der Schwangerschaft festlegen. „Schwangeren zu suggerieren, es sei ein Risiko, solch ein Kind zu bekommen, ist falsch.“

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis begrüßte demgegenüber die Entscheidung. Damit werde das Selbstbestimmungsrecht der Frauen gestärkt. Es handele sich zuerst um eine soziale und keine ethische Frage. Für die FDP-Fraktion erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus, die Kostenübernahme sei richtig. „Ein Test darf nicht vom Geldbeutel abhängen.“ Wichtig sei, dass es eine begleitende ärztliche Beratung gebe.

Ein nicht-invasiver und kostenfreier Test könnte Hemmschwelle senken

Bei den seit 2012 in Deutschland angebotenen nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) werden Erbgutschnipsel des Kindes aus dem Blut der Schwangeren isoliert und auf Gendefekte untersucht. Der Test ist risikoärmer als die bisher zugelassenen Fruchtwasseruntersuchungen oder Biopsien, bei denen es zu Fehlgeburten kommen kann. Diese „invasiven Verfahren“ soll der Test ersetzen. Bislang müssen Schwangere den Test selber bezahlen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte drei Jahre über die Tests beraten. Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken unterstrich mehrfach, dass es nicht seine Aufgabe sei, die Bluttests ethisch zu bewerten; er habe allein den Auftrag, das seit 2012 medizinisch in Deutschland bereits zugelassene Verfahren wissenschaftlich-technisch und ökonomisch zu überprüfen.

Ein flächendeckendes Screening soll es nicht geben, betonte der G-BA. Entscheidend sei für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen sei die „individuelle Situation“ der Schwangeren. Stimmt das deutsche Bundesgesundheitsministerium zu, soll die neue Regelung 2021 in Kraft treten.

(kap/kna - cs)

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20. September 2019, 16:34