Monsignore Bernhard Schröder aus Drolshagen Monsignore Bernhard Schröder aus Drolshagen 

Unser Sonntag: Alles andere als barmherzig...

Die Samariter galten zur Zeit Jesu alles andere als „barmherzig“ – sie waren „abgefallene Israeliten“ und Feinde der Juden. Besonders unbeliebt hatten sie sich im Jahr 10 vor Christus gemacht, als sie den Tempel kurz vor dem Paschafest durch das Verstreuen von Gebeinen Verstorbener entweiht hatten.

Bernhard Schröder

Lk 10, 25-37

Jesus aber lässt ausgerechnet einen solchen verhassten Samariter im Evangelium zum Lebensretter mit Weitblick werden, erläutert Bernhard Schröder in seinem Kommentar zum Evangelium. Jesus macht so deutlich, wer der Nächste ist. 

Unser Sonntag - zum Nachhören:

Liebe Schwestern und Brüder !
Was muss ich tun ? Eine Frage, die wir immer wieder stellen. Heutzutage etwa: Was muss ich tun, um gesund zu bleiben ? Was muss ich tun, um im Alter ausreichend versorgt zu sein ? Was muss ich tun, um im Beruf voranzukommen ? Was muss ich tun, um meine Ehe in Ordnung zu bringen ?

Es geht um das ewige Leben

Ganz anders dagegen die Frage, die vor 2.000 Jahren der Gesetzeslehrer im Evangelium Jesus stellt: „Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ (Lk 10,25).
Solch eine Frage war bei den Juden zur Zeit Jesu von großer Dringlichkeit. Auf das ewige Leben richtete der gläubige Jude sein Hoffen und sein Handeln aus.
Auf die Gegenfrage Jesu, welche Antwort das Gesetz gäbe, antwortet dieser gemäß der Thora mit dem Gebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten und fügt die Frage an: „Und wer ist mein Nächster?“ (Lk 10,29).

Gefährliche Wüste

Daraufhin schildert Jesus mit dem uns seit Kindesbeinen so vertrauten Gleichnis eine wirklich dramatische Szenerie: Ein Mann ist unterwegs von Jerusalem nach Jericho, eine Strecke von knapp 30 Kilometern mit einem Höhenunterschied von rund 1000 Metern mit gefährlichen Schluchten in der felsigen Wüste Juda. Eine einsame Gegend und daher für Nichtsnutze eine passende Möglichkeit, Reisende zu überfallen und auszurauben. Und so geschah es dann auch mit dem erwähnten Reisenden. Weiter führt Jesus aus, dass die Räuber ihn schlugen, ausplünderten und obwohl er halbtot war, liegenließen und wegliefen. Es bedarf nicht viel an Vorstellungsvermögen, um sich die so hilflose, lebensgefährliche Notlage des Ausgeraubten vor Augen zu führen. Nur ein zufällig Vorbeikommender konnte die rettende Hilfe leisten.

„Er sah ihn und ging vorüber“

Nach der Thora ist nie ein Ausländer der Nächste

Er sieht den am Boden liegenden, ist vom Mitleid getroffen, gibt ihm schmerzlinderndes Öl und desinfizierenden Wein in seine Wunden, legt einen Verband an, packt ihn auf sein Reittier, transportiert ihn in die nächste Herberge und kümmert sich dort um ihn.
Als er am nächsten Tag abreist, gibt er dem Wirt zwei Denare und sichert ihm die Übernahme von eventuell anfallenden Mehrkosten beim nächsten Mal zu.
So hat der Samariter alles für den schwerverletzten Ausgeraubten getan, was möglich war.
„Wer ist mein Nächster?“ war die eingangs gestellte Frage des Gesetzeslehrers an Jesus. Nach der Thora der Juden ist der Nächste der Volksgenosse, der Nachbar, der Freund, nie aber ein Ausländer oder Nicht-Israelit.
Doch Jesus gibt hier eine neue Definition. Er sagt nicht, wen ich lieben muss und wen nicht. Die Antwort Jesu im Gleichnis lautet: Es liegt an mir, ob ich für einen anderen zum Nächsten werde oder nicht, unabhängig von der Nationalität oder der Religion, unabhängig von Verwandtschaft, Freundschaft und Sympathie. Uns sagt Jesus als Weisung abschließend: „Geh und handle genauso“ (Lk 10,17).

Christus selbst ist der barmherzige Samariter

Ein russischer Maler hat vor einiger Zeit eine Ikone mit dem barmherzigen Samariter gefertigt. Dieser trägt die Gesichtszüge Jesu. Die Deutung des Künstlers: Christus selbst ist der barmherzige Samariter. Wir sind der verwundete Mensch; er sieht unsere Not, er hilf uns und heilt uns. Jesus kommt als Arzt der Menschheit, die aus vielen Wunden blutet, zu Hilfe. Er gießt Öl und Wein seiner Liebe in die vielfältigen Wunden, um zu heilen und zu retten. Diese christologischen Interpretation kann uns anschaulich die hingebende Liebe des Erlösers verdeutlichen, in dessen liebende und helfende Nachfolge wir berufen sind. Wir dürfen uns von ihm heilen lassen insbesondere durch die Sakramente seiner Liebe - vor allem Beichte und Eucharistie. So beschenkt dürfen wir diese heilende Liebe an unsere Nächsten, an alle, denen wir begegnen, weiterschenken.

Wie formulierte doch die Freiburger Schriftstellerin Marianne Kawohl so treffend?

„Wir Menschen suchen das Heil der Welt,
deshalb sandte Gott das Heil der Welt,
den Heiland der Welt,
Jesus.“
(vatican news – claudia kaminski)

 

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13. Juli 2019, 10:38