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Das Gericht der römischen Rota in Rom Das Gericht der römischen Rota in Rom 

Schweiz: Vorstoß für Unabhängige Gerichtshöfe bei Missbrauch

Der Freiburger Kirchenrichter Nicolas Betticher schlägt unabhängige Gerichtshöfe für Missbrauchsfälle vor. Im Interview mit dem Zürcher Tages-Anzeiger an diesem Dienstag kritisiert der Theologe die fehlende Gewaltenteilung im Umgang mit sexuellem Missbrauch.

Ein Bischof sei gleichzeitig Regent, Gesetzgeber und Richter, stellt Betticher, Offizial am Interdiözesanen Schweizerischen Kirchlichen Gericht, fest. Die fehlende Gewaltenteilung hält der Kirchenrechtler für problematisch, sowohl beim Umgang mit sexuellem Missbrauch als auch bei „Machtmissbrauch“. Die Bischöfe litten hierbei unter Überforderung.

„Der Bischof ist Arbeitgeber, der den Priester einstellt und ist oberster Richter, der den Täter verurteilt. Er ist auch spiritueller Vater, der die Opfer schützt und begleitet – und er muss dafür sorgen, dass es nicht zu neuen Fällen kommt.“ Dieses Modell der drei Gewalten in einer Person sei „ungesund und unglaubwürdig“ und werde den Opfern nicht gerecht, findet Betticher. 

Ein Gericht auf nationaler Ebene

Als Lösung schlägt der Kirchenrichter die Schaffung eines erstinstanzlichen Gerichtshofes für jede nationale Bischofskonferenz vor, der bei Missbrauch angerufen werden könnte. Ein solches Gericht sollte mit unabhängigen Fachleuten besetzt werden. Neben Kirchenrechtlern sollten dort nach Ansicht von Betticher auch Juristen, Psychiater, Ärzte wirken - und zwar sowohl Männer wie Frauen. „Dieses Gericht müsste, vom Papst ermächtigt, entscheiden und urteilen können.“ Ein Novum, denn bislang könne nur der Bischof Recht sprechen.

Kirchenrechtliche Sanktionen

Das neue Gericht würde beurteilen, „was mit Missbrauchspriestern geschehen soll“ und es würde kirchenrechtliche Sanktionen aussprechen, so Betticher. Er sieht einen Zusammenhang zwischen Vertuschung von Missbrauch und der fehlenden Gewaltenteilung. „Wie sollen die Bischöfe einen Priester, den sie gut kennen, den sie geweiht und eingestellt haben, anzeigen und verurteilen?“ Viele Bischöfe seien befangen. Ein Gerichtshof würde sie entlasten, sodass sie sich ganz der Seelsorge widmen könnten.

Weitere Instanzen

Weiterhin schlägt Betticher die Schaffung von zweitinstanzlichen Gerichten vor, die pro Kontinent oder für mehrere Länder zuständig seien. Eine dritte Instanz solle dann in Rom neben den bereits bestehenden Gerichten Rota und Signatur eingerichtet werden.

Noch hat Betticher die Schweizer Bischöfe nicht mit seinem Vorschlag konfrontiert. Er wolle diesen zuerst an einer Konferenz der Schweizer Kirchenrechtler im September diskutieren lassen, wie er im Interview sagt.

(kath.ch – vm)

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16. Juli 2019, 13:11