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Österreich: Salzburger Hochschulwochen eröffnet

Mit einem Plädoyer für eine bewusste Suche nach einer neuen Balance zwischen Komplexität und Einfachheit hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner am Montag die „Salzburger Hochschulwochen“ eröffnet. Die traditionsreiche „smarte Sommerfrische“ in der Mozartstadt steht heuer unter dem Titel „Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit“.

In dieser Gemengelage gelte es laut Lackner eine Balance zwischen Eigenem und Fremdem, lokal und global, Tradition und Innovation sowie Kontemplation und Aktion zu finden - stets im Bewusstsein, „dass es einfache Antworten nicht mehr gibt“. Zuvor hatte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf mit einem Gottesdienst in der Franziskanerkirche den geistlichen Auftakt für die Hochschulwochen 2019, die noch bis kommenden Sonntag gehen, gegeben.

Die Hochschulwochen liegen in der Verantwortung des Fundamentaltheologen Martin Dürnberger. Der Professor hält das Thema der diesjährigen Ausgabe für hochaktuell: „Klimawandel, Migration, Digitalisierung – nirgends gibt es simple Lösungen. Das gilt auch für die Kirche und ihre Zukunft, auch hier stehen wir vor komplexen Herausforderungen und großen Fragen: Wie sollen wir uns in dynamischen, veränderlichen Problemlagen orientieren? Wie können wir mit Unübersichtlichkeit und Nicht-Souveränität in offenen, komplexen Prozessen umgehen?“ Davon dürfe man sich ebenso wenig lähmen lassen wie in fundamentalistische Vereinfachungen fallen, so Dürnberger zum Auftakt der Hochschulwochen. „Vielmehr braucht es die Kunst der feinen Unterscheidung. Genau diese wollen die Salzburger Hochschulwochen einüben: Es geht um die großen Fragen und differenzierte Antworten.“

„Und wie viel Lieblosigkeit und Härte prägen auch unser innerkirchliches Ringen um die Wahrheit“

Beim Eröffnungsgottesdienst in der Franziskanerkirche erinnerte Bischof Peter Kohlgraf an das, was Glaube bedeute: „Er ist die Zustimmung des Herzens und des Verstandes zu einem Gott, der sich dem Menschen zuwendet wie ein liebender Vater und eine liebende Mutter.“ Zum Glauben gehörten auch Zweifel, das Fragen und Ringen, „aber im Letzten das tiefe Bewusstsein dafür, dass jemand Gutes, der Gute schlechthin, über und in meinem Alltag leuchtet“, so Bischof Kohlgraf. Der Mensch komme im Glauben Gott näher. Der einfache Glaube verlängere sich in die caritas, die gelebte Liebe zum anderen Menschen. „Lieblose theologische Debatten, egal um welches Thema sie sich drehen, werden uns von Gott wegführen, es kann gar nicht anders gedacht werden. Und wie viel Lieblosigkeit und Härte prägen auch unser innerkirchliches Ringen um die Wahrheit“, fragte Bischof Kohlgraf.

„Wenn die globale Welt zu kompliziert wird, hilft scheinbar der Rückzug auf das nationale Interesse“

Der Mainzer Bischof, der lange selbst Hochschullehrer war, warnte vor einfachen Antworten bei den großen Fragen in der Welt. „Wenn die globale Welt zu kompliziert wird, hilft scheinbar der Rückzug auf das nationale Interesse. Wenn die eigenen religiösen Wurzeln und Traditionen wegbrechen, wird die fremde Religion zum Feindbild erklärt. Wenn die eigene Gesellschaft altert, sind es die oft jungen Fremden und Migranten, die uns bedrohen. Wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, kann ich mein Gewissen beruhigen, indem ich die Menschen mitverantwortlich mache, die zur Rettung der Ertrinkenden ausfahren.“ Bevor man Menschen mit derartig einfachen Antworten verurteile, dürfe man zunächst in diesen Antworten die manchmal hilflose Sehnsucht nach Einfachheit vermuten.

„Das Ringen und Suchen in einer komplexen Welt nimmt uns der einfache Glaube nicht ab“

Auch die Kirche kenne solche Diskussionen von innen und außen, mit Hinweisen, wie Kirche und Welt zu funktionieren hätten. „Viele Gedanken unserer Gespräche drehen sich im Kreis, auch deswegen, weil jeder von vornherein von der Richtigkeit seiner einfachen oder auch komplexen Antwort überzeugt ist.“ Dennoch müsse man „miteinander suchen und ringen, aber die Lösung auf komplexe Fragen ist nicht immer die einfache Antwort, die man besitzt, weil man schlauer oder davon überzeugt ist, Gott besser verstanden zu haben“, so Bischof Kohlgraf. Der Glaube müsse sich ins Gespräch mit einer komplexeren Welt begeben. „Wie hilfreich kann es sein, im anderen Menschen nicht nur den Ungläubigen oder den weniger Einsichtigen zu sehen, sondern den, der andere Facetten besser und tiefer verstanden hat. Das Ringen und Suchen in einer komplexen Welt nimmt uns der einfache Glaube nicht ab. Daher braucht es Theologie, daher braucht es das Gespräch mit anderen Weltzugängen.“

(pm/kap - cs)

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29. Juli 2019, 10:53