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Ein Bild der MHG-Studie Ein Bild der MHG-Studie 

D: Kirche ruft mit Blick auf neue Missbrauchsstudie zu Besonnenheit auf

In der Debatte um eine neue Studie zur Entwicklung der Anzahl aktueller Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren haben zwei deutsche Diözesen mit Blick auf eigene Zahlen den Ergebnissen widersprochen. Parallel dazu rief der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, zu Besonnenheit auf.

„Ich möchte mich nicht an Mutmaßungen über Zahlen beteiligen und auch nicht an Spekulationen darüber, wie sie zu deuten sind“, erklärte der Trierer Bischof am Freitag in Bonn. „Denn es fehlt bisher an einer seriösen Wirkungsforschung für den Bereich der Prävention.“ Darauf hinzuweisen, sei offensichtlich „auch das Hauptanliegen von Professor Dreßing und seinen Kollegen“.

Der Mannheimer Psychiater Harald Dreßing hatte am Mittwoch eine weitere Studie zum Missbrauch in der Kirche veröffentlicht. Demnach ist die Quote bei den aktuellen Missbrauchsvorwürfen gegen Priester seit 2009 nicht signifikant rückläufig. Die Studie nannte dabei keine absoluten Zahlen, sondern gab hochgerechnete Quoten pro 100.000 Personen an, um so einen Vergleich zur gesamten männlichen Bevölkerung zu ermöglichen. Für 2015 nannte die Untersuchung beispielsweise 33,4 beschuldigte Priester pro 100.000 (2014: 25,5, 2013: 50,2.) Bezogen auf die Gesamtzahl der katholischen Priester in Deutschland im Jahr 2015 von rund 14.000 ergibt sich dann eine absolute Zahl von 4,7 Neubeschuldigten.

Hinweise auf aktuelle Fälle untersucht

Dreßings Untersuchung wertete Daten aus der im vergangenen Jahr veröffentlichten und von ihm koordinierten MHG-Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz aus und verglich sie mit der allgemeinen Kriminalstatistik. Konkret ging es um Hinweise auf Missbrauch in den Personalakten von Priestern und Diakonen aus den Jahren 2009 bis 2015, die sich auf jeweils aktuelle Fälle beziehen.

Die Erzdiözese Köln und die Diözese Rottenburg-Stuttgart widersprachen diesen Ergebnissen in Teilen. Dass die Quote aktuell nicht rückläufig sei, könne er für Köln nicht bestätigen, sagte der Interventionsbeauftragte der Erzdiözese, Oliver Vogt, dem Internetportal „domradio.de“. Gleichwohl sei aber die Zahl der Missbrauchsvorwürfe insgesamt nicht zurückgegangen, sondern gleichgeblieben. Bei den Laien-Mitarbeitern gebe es sogar einen leichten Anstieg von Verdachtsmeldungen. Die Vorwürfe bezögen sich aber „zu fast 90 Prozent auf Vorfälle, die weit vor dem Jahr 2009 stattgefunden haben sollen“. Vogt bewertete dies als Wirkung der eingeführten Präventionsmaßnahmen.

Widerspruch auch aus Stuttgart

Auch der Rottenburg-Stuttgarter Generalvikar Clemens Stroppel widersprach der Studie. Die Beobachtung, wonach die Quote bei Missbrauchsvorwürfen auch in der jüngsten Zeit nicht gesunken sei, träfen zumindest für die eigene Diözese eindeutig nicht zu, sagte er.

Stroppel legte Zahlen zu den diözesanweit 181 bekannten Missbrauchstaten und Beschuldigungen gegen Geistliche vor. Demnach gab es in den 1960er Jahren mit 59 die meisten Fälle, in den 1970er Jahren waren es 29, in den 1980er Jahren 33. Seitdem gingen die Fallzahlen deutlich zurück: Für die 1990er Jahre dokumentiert die Statistik 16, für die 2000er Jahre 11 und seit 2010 noch 6 Fälle. Die jüngsten von ihnen stammten aus den Jahren 2011 und 2014, wo es jeweils Vorwürfe gegen einen Priester gegeben habe. Seit 2015 habe es keine neuen Hinweise gegeben.

(kna - cs)

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05. Juli 2019, 13:30