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„Warum gibt es bei Ihnen nur einen Neupriester?“

Das ist so eine Frage, wie Bischöfe sie hassen: Warum gibt es bei Ihnen im Bistum eigentlich nur einen einzigen Neupriester? Das Kölner Domradio hat diese Frage dem Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke gestellt.

Denn im Bistum Erfurt gibt es nur einen neuen Priester – er heißt Guido Funke und wurde am Samstag geweiht. Also, warum nur einer, Herr Bischof?

„Da kann man natürlich jetzt große Überlegungen anstellen. Die Frage ist immer: Ruft der liebe Gott zu wenig – oder hören wir zu wenig? Da würde ich immer bei der zweiten Antwort bleiben wollen. Es kann schon sein, dass der Dienst als Priester in der Kirche durch viele andere Dinge, die die Jugendlichen erreichen, nicht mehr so präsent ist.“

Er versuche ja immer bei Firmungen oder Pastoralbesuchen, das Thema anzusprechen: bei den Eltern oder im Pfarrgemeinderat, im Kirchenvorstand, in den Gremien.

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„Eine gewisse Bedienungsmentalität“

„Ich habe immer noch den Eindruck habe, dass viele Gemeinden denken: Wenn das mit unserem Pfarrer nicht so funktioniert, dann rufen wir in Erfurt an und die bringen uns einen anderen. Es gibt da eine gewisse Bedienungsmentalität. Ich denke, wir arbeiten daran zu vermitteln, dass das nicht so ist. Es muss weiterhin darum gebeten und gebetet werden, dass wir genügend Männer und Frauen in allen möglichen Diensten der Kirche haben. Aber ich glaube, die Mehrheit hat diesen Bodenkontakt und weiß, dass es so einfach nicht ist.“

Eines ist klar: Das Priesteramt hat derzeit ein schlechtes Image und eine schlechte Presse. Dafür haben vor allem die Missbrauchsskandale gesorgt.

Thema Missbrauch darf nicht alles lähmen

„In der Ausbildung spielt das natürlich auch eine große Rolle. Auch in den Diskussionen und Gesprächen, vor allen Dingen in der geistlichen Beratung und der geistlichen Führung, ist das natürlich ein wichtiges Thema. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir versuchen dabei zu helfen, dass die Priesteramtskandidaten zu einer menschlichen Reife finden. Dazu gehört sowohl die intellektuelle Reife als auch die geistliche Reife.“

Unterschwellig sei dieses Thema „immer präsent“, sagt Weihbischof Hauke. „Aber es darf uns natürlich auch nicht lähmen, darüber nachzudenken, was durch den Dienst der Priester an positiven Dingen in der Kirche möglich ist.“

Seminaristen müssen häufig umziehen

Wie verläuft eigentlich eine Priesterausbildung, wenn es nur so wenige Kandidaten für das Amt gibt? Hauke: „Die Bischöfe, die für das Regionalpriesterseminar in Erfurt zuständig sind – das heißt alle Bischöfe des Ostens Deutschlands –, haben in einem langen Prozess miteinander darüber geredet, was zu tun ist, wenn man relativ wenige Priesteramtskandidaten hat. Kann man das den Seminaristen zumuten? Gibt es eine Schmerzgrenze? Wir haben eine Entscheidung gefällt, mit der man versucht, einen Mittelweg zu finden.“

Dieser Mittelweg besteht darin, dass die Priesteramtskandidaten mehrmals umziehen müssen. „Es gibt einen Kurs in Bamberg, zusammen mit den süddeutschen Seminaristen und Anwärtern auf den priesterlichen Dienst, bei dem zunächst die Sprachen Latein und Griechisch gelernt werden. Zugleich kann dort auch ein gemeinsamer kirchlicher und sozialer Level erreicht werden. Dann besteht die Möglichkeit, dass man in Frankfurt, in Sankt Georgen, zwei Jahre studiert – zusammen mit mehreren Seminaristen aus allen möglichen Diözesen Deutschlands. Dann gibt es ein Freijahr und anschließend zwei Jahre Ausbildung hier im Priesterseminar in Erfurt.“

Und in Erfurt sind die Zahlen dann eben „geringer“. „Wir versuchen dadurch die Möglichkeit zu schaffen, sich mit vielen Auszubildenden auf den Weg zu machen. Gleichzeitig sollen die Seminaristen auch in dieser Diasporasituation denken und in einer kleinen Seminargemeinschaft in Erfurt leben.“

Probleme bei der Vernetzung

Wenn die Priesterausbildung in einer größeren Gruppe stattfindet, dann können natürlich auch besser Netzwerke geknüpft werden. In einer kleinen Gruppe funktioniert das hingegen nicht.

Hauke: „Wenn Netzwerke entstehen, dann bestehen sie ja auch über diese Zeit hinaus. Die kann man auch weiterhin pflegen, wenn man in einer kleinen Gemeinschaft lebt. Ich glaube, dass die jungen Menschen in der Kommunikation so miteinander verbunden sind, dass sie auch ohne Begegnung von Angesicht zu Angesicht wissen, wie man miteinander kommunizieren kann.“

Außerdem leben im Erfurter Priesterseminar auch andere junge Menschen – schon im dritten Jahr. „Das sind Männer und Frauen, die in Erfurt studieren, auch evangelische Christen und Nicht-Christen, die in der Seminargemeinschaft mitleben können. Sie haben dann auch geistliche Veranstaltungen mit den Seminaristen zusammen. Das bringt natürlich auch nochmal einen neuen Horizont in die Überlegungen der Priesteramtskandidaten hinein.“

Das passiere ja auch in der Fakultät schon, berichtet der Weihbischof. „Wenn es dort 200 Studierende und zwei oder drei Seminaristen sind, dann gibt es natürlich auch einen kräftigen Austausch. Vernetzen heißt ja nicht nur, dass man sich innerhalb der Kandidaten vernetzt, sondern dass man sich mit vielen vernetzt, die innerhalb oder außerhalb der Kirche auf den Weg machen. Man muss versuchen, die Gedankenwelt der heutigen Zeit wahrzunehmen, aufzunehmen und im Geistlichen zu verarbeiten und vor Gott zu bringen.“

(domradio/vatican news – sk)
 

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10. Juni 2019, 10:08