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D: Zahl der Kirchenmitglieder wird sich fast halbieren

Es sieht nicht gut aus für die Kirchen in Deutschland: Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche werden 2060 nur noch etwa halb so viele Mitglieder haben wie heute. Das geht aus Studien hervor, die an diesem Donnerstag vorgestellt wurden.

Weniger Mitglieder bedeutet auch weniger Geld. Die beiden großen Kirchen in der Bundesrepublik rechnen damit, dass ihre finanziellen Möglichkeiten sich bis 2060 ebenfalls halbieren wird. Bei der Studie handelt es sich um jene des Forschungszentrums Generationenverträge (FZG) der Universität Freiburg.

Die Resultate der Studie stellte die Deutsche Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstag vor. Wenn die Prognosen zutreffen, werden in 40 Jahren noch 29 Prozent der deutschen Bevölkerung einer der großen Kirchen angehören, derzeit sind es 54 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Gesamtbevölkerungszahl zurückgehen wird.

Den Berechnungen zufolge wird die Zahl der Mitglieder der großen Kirchen von 44,8 Millionen im Jahr 2017 bis 2035 auf 34,8 Millionen zurückgehen (minus 22 Prozent) und bis 2060 auf 22,7 Millionen (minus 49 Prozent). Dabei wird die katholische Kirche etwas weniger Mitglieder verlieren als die evangelische. Die Zahl der Katholiken wird laut Prognose von 23,3 Millionen im Jahr 2017 zunächst auf 18,6 Millionen in 2035 (minus 21 Prozent) auf 12,2 Millionen im Jahr 2060 sinken - also um insgesamt rund 48 Prozent. Die Zahl der Protestanten soll von 21,5 Millionen über 16,2 (minus 25 Prozent) auf 10,5 Millionen (minus 51 Prozent) zurückgehen.

Stärkere Zuwanderung von Katholiken erwartet

Der leicht geringere Rückgang bei der Katholikenzahl ist zum einen auf eine stärkere Zuwanderung von Katholiken zurückzuführen und zum anderen auf eine etwas jüngere Altersstruktur im Vergleich zur evangelischen Kirche. Die Mitgliederzahlen der orthodoxen Kirchen sowie der evangelischen Freikirchen wurden nicht mitgeschätzt. Sie lagen 2017 bei zusammen rund zwei Millionen.

Bei der Berechnung der Kirchenbeiträge gehen die Forscher um den Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen davon aus, dass die Gesamteinnahmen nominal nur leicht zurückgehen werden - von 12,8 auf gut 12 Milliarden Euro. Um sich 2060 dasselbe leisten zu können wie heute, müssten die Einnahmen aber auf etwa 25 Milliarden Euro steigen. Die Kaufkraft wird sich also in etwa halbieren. Die kirchlichen Einnahmen aus der Abgeltungssteuer aus Kapitalerträgen wurden nicht mitberechnet. Sie belaufen sich nach Schätzungen auf weniger als 0,5 Milliarden Euro im Jahr und sind abhängig von der Zinsentwicklung.

Fragen von morgen in den Blick nehmen

„Die Kirchen wollen die Erkenntnisse der Studie nutzen, um sich langfristig auf Veränderungen einzustellen“, betonten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Es sei gut, „in einer heute wirtschaftlich guten Lage die Fragen von morgen in den Blick zu nehmen“.

Auch im Sinne einer Verantwortung für nachfolgende Generationen sei die Studie wichtig, um kirchliche Haushalte mittel- und langfristig an die erwartete Entwicklung anpassen zu können, erklärte Marx weiter: „Wir geraten angesichts der Projektion nicht in Panik, sondern werden unsere Arbeit entsprechend ausrichten.“ In der Kirche gehe es immer darum, das Evangelium weiter zu sagen, auch unter veränderten Bedingungen: „Für mich ist die Studie auch ein Aufruf zur Mission.“

„Manches am Rückgang an Kirchenmitgliedern werden wir nicht ändern können. Anderes aber schon“, ergänzte Bedford-Strohm. Dabei sei die Ausstrahlungskraft der Kirche nicht nur eine Frage der Mitgliederzahlen.

Insgesamt, so Projektleiter Raffelhüschen, lasse sich weniger als die Hälfte des Rückgangs mit dem demografischen Wandel erklären. Einen größeren Einfluss habe das "Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten von Kirchenmitgliedern". Die Kirchen sollten daher ihre Anstrengungen intensivieren "bei der Suche nach Zusammenhängen, die sie beeinflussen können". Die Studie mache aber auch deutlich, "dass die Kirchen gerade in den kommenden zwei Jahrzehnten weiterhin über Ressourcen zur Umgestaltung verfügen. Diese gilt es klug einzusetzen.

(pm/kna - mg)

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02. Mai 2019, 13:30