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Ein Abbild der kirchlichen Hierarchie: Neue Kardinäle besuchen Papst em. Benedikt XVI. und Papst Franziskus, 28.6.2018 Ein Abbild der kirchlichen Hierarchie: Neue Kardinäle besuchen Papst em. Benedikt XVI. und Papst Franziskus, 28.6.2018 

Schweizer Priorin: Gebet für tiefgreifende Veränderungen in der Kirche

Dass es in der aktuellen Situation Menschen gibt, die sich enttäuscht von der Kirche abwenden, kann Irene Gassmann, Priorin des Schweizer Benediktinerinnen-Klosters Fahr, verstehen. Doch damit abfinden will sie sich nicht - und kämpft auch mit einer eigenen Gebetsinitiative für einen spirituellen Neuaufbruch und Veränderungen in der katholischen Kirche.

Mario Galgano und Christine Seuss - Vatikanstadt

Um für „Veränderung in der Kirche und für neuen Mut für den eigenen Weg in und mit der Kirche“ zu beten, hat die Priorin gemeinsam mit weiteren Frauen eine eigene Gebetsinitiative ins Leben gerufen - denn Veränderung sei nur von innen heraus möglich, ein enttäuschtes Abwenden helfe da nicht viel weiter, betont sie im Gespräch mit Vatican News. 

Zum Nachhören

„In der aktuellen Situation der Kirche ist so viel Ohnmacht spürbar, auch ich selbst fühle mich ohnmächtig, und ich begegne immer wieder Menschen, die die Kirche lieben, aber immer wieder unter der Situation der Kirche leiden. Gerade in der Schweiz spüre ich auch, dass viele etwas machen wollen. Und in der Schweiz macht man dann halt eine Petition oder eine Initiative, und als ich eines Tages auf der Post zwei unterschiedliche Einladungen von Petitionen hatte zum Unterschreiben, da habe ich mir gesagt, wo sind wir. Das kann es doch nicht sein, dass wir laufend Unterschriften sammeln! Und da habe ich gespürt, für mich als Benediktinerin gibt es einen anderen Weg: Den Weg des Gebetes.“

„Schritt für Schritt - Gebet am Donnerstag“

Schritt für Schritt - Gebet am Donnerstag“ hat sie ihre Initiative daraufhin getauft und ein eigenes Gebet dafür verfasst. Zahlreiche katholische Einrichtungen in und außerhalb der Schweiz beten mit, das Gebet selbst ist mittlerweile in mehrere Sprachen übersetzt worden, inklusive rätoromanisch, wie sie mit einem Augenzwinkern anmerkt:

„Gerade das Gebet soll auch ermutigen und uns gegenseitig stärken, von Woche zu Woche, wieder eine Woche lang mit der Kirche auf dem Weg zu bleiben. Das ist ein Grundanliegen dieses Gebets.“

Ein Weg zu einer grundlegenden Veränderung wäre sicherlich auch, den Frauen in der Kirche mehr Mitspracherecht einzuräumen, betont die Priorin. Immerhin spreche auch der Papst selbst immer wieder davon, Frauen verstärkt in Leitungsfunktionen der Kirche zu holen. Dabei ermutige er auch die Bischofskonferenzen, auf lokaler Ebene diesbezügliche Schritte und Verantwortung zu unternehmen: „Ich glaube, da liegt die Chance“, meint Priorin Irene. 

„Mit unserer Taufe sind wir vollwertige Mitglieder dieser Kirche“

Frauen müssten verstärkt in die Prozesse, Entscheidungen und Leitungsaufgaben einbezogen werden, so die kategorische Forderung der Ordensfrau. Denn solange nur die „Bischöfe, Kardinäle und Funktionäre“ untereinander berieten, drehe sich die Situation letztlich im Kreis: „Und ich glaube, dass es jetzt höchste Zeit ist, dass das durchbrochen wird. Ich hoffe, dass unsere Bischöfe hier auch mutig sind und wirklich Frauen ganzheitlich einbeziehen, nicht nur einmal für einen Auftritt, sondern wirklich auch die Frauen als vollwertige Mitglieder der Kirche ernst nehmen. Mit unserer Taufe sind wir vollwertige Mitglieder dieser Kirche”.

2019 ist Silja-Walter-Gedenkjahr

Doch die umtriebige Priorin hat neben ihrem Einsatz für Veränderungen in der Kirche noch ein weiteres großes Projekt in Vorbereitung: Die Feierlichkeiten zum Jubiläum der mittlerweile verstorbenen Fahrer Benediktinerin Silja Walter. Am 23. April dieses Jahres würde die „schreibende Nonne“, wie sie sich selbst bezeichnete, ihren 100. Geburtstag feiern: „Sie ist aus meiner Sicht eine der größten christlichen Lyrikerinnen des letzten Jahrhunderts und es ist mir ein großes Anliegen, dass dieses Werk Silja Walters nicht einfach nur in Archiven und Bibliotheken verstaubt, sondern ich spüre jetzt auch bei der Vorbereitung und im Austausch mit vielen Menschen, wie aktuell ihre Texte sind. Die kommen aus der Tiefe, aus ihrer echten Gottsuche und auch ihrem Ringen mit diesem Gott und mit dieser Kirche, auch in der Gemeinschaft“, erläutert Priorin Irene. „Sie bringt das immer wieder zur Sprache und ich glaube eben gerade deshalb, weil sie selbst so gerungen hat, sind ihre Texte so stark. Sie kann uns meines Erachtens etwas sagen, sie hatte dann auch die Fähigkeit, diese Erfahrungen und diese Ohnmacht in starke und kraftvolle Bilder zu fassen. Das war ihr Charisma.“

Schwester Maria Hedwig, wie sie nach ihrem Eintritt in das Kloster genannt wurde, hatte über 60 Lyrik-, Prosa- und Theaterstücke verfasst und wurde mehrfach für ihr literarisches Schaffen ausgezeichnet. Zu ihrem 100. Jubiläum organisiert das Fahrer Kloster unter dem Motto „Voll singenden Feuers“ in der Osterwoche zahlreiche Veranstaltungen, unter anderem einen „Silja-Tag“, zu dem Namensvetterinnen der berühmten Ordensfrau eingeladen sind, sowie die Einweihung eines öffentlich begehbaren Stationenwegs mit Impulsen der schaffensfreudigen Nonne.

„Das sind keine theologischen Abhandlungen, sondern wirklich Glaubens- und Gotteserfahrungen“

Um ihr literarisches Werk auch außerhalb des deutschsprachigen Raums bekannter zu machen, findet am 18. Oktober im römischen Benediktiner-Kloster St.´Anselmo ein Symposium zur Lyrik von Silja Walter statt: „Da werden ,Der Tanz des Gehorsams‘, also eines der wichtigsten monastischen Werke und weitere ausgewählte Texte auf Italienisch übersetzt“, erzählt Priorin Irene mit sichtlicher Begeisterung für das Projekt. „Das finde ich natürlich ganz toll, dass hier, wo viele Studenten aus anderen Ländern zusammenkommen, ihre Werke nun auch in italienischer Sprache zugänglich sind. Damit können Menschen mit diesen Texten in Berührung kommen, gerade auch in ihrer Gottsuche. Das sind keine theologischen Abhandlungen, sondern wirklich Glaubens- und Gotteserfahrungen. Und wenn wir da etwas bewegen können, dann wäre das wirklich wunderbar.“

(vatican news)

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10. April 2019, 15:00