Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien 

Kardinal Schönborn: Bitte, Asylpolitik ändern!

Scharfe Kritik an „unnötigen Signalen“ und „unmenschlichen“ Entscheidungen in der Asylpolitik hat Kardinal Christoph Schönborn geäußert: Die Umbenennung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen in ein „Ausreisezentrum“ sei ein solches „unmenschliches“ Signal und letztlich ein weiteres Mosaiksteinchen einer Politik, die „Asylbewerber unter Generalverdacht“ und „systematisch in ein schiefes Licht“ stelle.

Das betonte Schönborn bei der ORF-Pressestunde am Sonntagvormittag. Es sei gewiss nicht Aufgabe der Bischöfe, „Noten zu verteilen“ für die Politik, wenn es aber um Menschenwürde und Menschenrechte gehe, könne die Kirche nicht schweigen. Sorgen mache ihm in diesem Zusammenhang auch die geplante Agentur für die Rechtsberatung bei Flüchtlingen.

Die aktuellen Entwicklungen würden ihn umso mehr schmerzen, als er selber als Flüchtlingskind nach Österreich gekommen sei. Flüchtlinge seien stets eine „besonders vulnerable Gruppe“, deren Schicksale und Traumata man würdigen solle – und dies durchaus auch unter häufigerer Anwendung des Instruments des humanitären Bleiberechts. Dies gelte auch im Wissen darum, dass es unter Flüchtlingen immer wieder einzelne gebe, die auch abgeschoben werden müssten und einer „Massenbewegung“ auf europäischer Ebene Einhalt zu gebieten sei.

Würdigend äußerte sich der Wiener Erzbischof indes zu anderen Projekten der aktuellen Regierung wie etwa dem Ringen um ein Nulldefizit, dem Familienbonus, sowie der Einführung eines flächendeckenden Ethikunterrichts. Diese Dinge begrüße er sehr – und er freue sich daher auch auf ein Gespräch mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Diese hatte nach einem Appell Schönborns, bei der Mindestsicherungsreform die Alleinerziehenden nicht schlechter zu stellen, prompt angekündigt, mit Schönborn das Gespräch suchen zu wollen. „Wir sollten viel mehr miteinander reden. Das hat Österreich stark gemacht“, so der Kardinal.

Schönborn offen für Debatte über „viri probati“

Offen zeigte sich Schönborn für eine Fortsetzung der Debatte über die Weihe bewährter Männer zu Priestern („viri probati“). Diese Frage werde derzeit weltkirchlich intensiv diskutiert und wohl auch auf der für Herbst geplanten Amazonas-Synode thematisiert werden. Die Erfahrungen, die man in der Seelsorge mit verheirateten Diakonen habe, seien sehr gut – daher könne er sich auch vorstellen, dass es künftig neben zölibatären Priestern auch verheiratete Priester geben könne, die sich im Leben, im Beruf und familiär bewährt haben. „Das würde dann zwar eine Art Zwei-Stufen-Klerus schaffen von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Priestern, aber: Warum nicht?“

Schönborn ist selber als Ordinarius für die katholischen Ostkirchen für etwa 30 verheiratete Priester zuständig. Darunter erlebe er gelingende Familienmodelle ebenso wie scheiternde. „Ich würde daher sehr nüchtern sagen: Das Leben ist nicht einfach“ – und es könne ein zölibatäres Leben, für das er sich entschieden hat und welches er als Glück erfahre, ebenso scheitern oder gelingen wie ein Leben in Ehe und Familie.

Unbesehen dessen plädierte Schönborn für eine größere kirchliche Wertschätzung der Frauen: Die Frauenfrage sei „entscheidend für die Zukunft der Kirche“. Daher plädiere er u.a. auch für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen und dafür, dass Frauen vermehrt an Leitungspositionen bis hinauf in den Vatikan eingesetzt werden.

Wagner-Gespräch soll als Buch erscheinen

Angesprochen auf das Aufsehen erregende Gespräch, welches Schönborn mit der ehemaligen Ordensfrau Doris Wagner in einem Studio des Bayrischen Rundfunks geführt hatte, berichtete der Wiener Erzbischof von einem „überwältigenden Echo“. Er habe Wagner und ihrer Geschichte Glauben geschenkt und tue das auch weiterhin, so Schönborn: „Für mich war und ist sie glaubwürdig.“ Zugleich kündigte er an, dass das Gespräch, das u.a. im ORF gesendet wurde, als Buch erscheinen soll.

Als mögliche Ursachen für den Missbrauch gerade in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts machte Schönborn die Existenz von „geschlossenen Systemen“ aus: „Wir erleben das auch heute beim Thema Ballett oder im Skiverband: Geschlossene Systeme fördern den Missbrauch“. „Offene Systeme“ und eine offene Kommunikation über Probleme seien daher „der beste Schutz gegen Missbrauch“. Die Katholische Kirche sei noch bis in die 1960er Jahren hinein ein geschlossenes System gewesen, räumte Schönborn ein – seit dem Konzil gebe es aber „deutliche Anzeichen einer Entwicklung zu mehr Offenheit“ – auch wenn ein „Lernbedarf“ weiterhin bestehen bleibe. In dem Kontext würdigte Schönborn auch erneut den jüngsten Kinderschutz-Gipfel im Vatikan.

„Causa Schwarz“: Kirche erwägt eigenen Rechnungshof

Die „Causa Schwarz“ könnte zur Einrichtung eines kirchlichen Rechnungshofes in Österreich führen: das räumte Schönborn im Blick auf die laufenden Ermittlungen rund um das Wirken des früheren Kärntner Bischofs in seinem Bistum ein. Die Vorwürfe, aber auch vorherige wirtschaftliche Probleme bei Klöstern und Stiften, hätten ein „institutionelles Problem“ sichtbar gemacht, dem man sich nun auch mit externer Beratung widme: Das Problem der wirtschaftlichen Autonomie. Jede Diözese, jedes Stift, jede Ordensgemeinschaft sei selbstständig – daher könne er auch nicht „nach Kärnten hineinregieren“: „Ich bin nicht Chef der Kirche von Österreich; auch wenn das viele glauben“, so Schönborn. Wünschenswert wäre eine „freiwillige Kontrollinstanz, der sich alle unterstellen“. Daran werde derzeit gearbeitet.

(kap – mg)

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14. April 2019, 16:41