Schweizer Richtlinien zu sexuellen Übergriffen im kirchlichen Umfeld Schweizer Richtlinien zu sexuellen Übergriffen im kirchlichen Umfeld 

Missbrauch: Welche Maßnahmen ergreift die Schweizer Kirche?

Bereits im Jahr 2002 veröffentlichte die Schweizer Bischofskonferenz einen Leitfaden zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche. Das mehrfach überarbeitete Schreiben „Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld. Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz und der Vereinigung der Höheren Ordensobern der Schweiz“ regelt Zuständigkeiten, Vorgehensweisen und Präventionsmaßnahmen.

Das Regelwerk sieht unter anderem die Einrichtung eines nationalen „Fachgremiums für sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld“ vor, das die Schweizer Bischofskonferenz in psychologischen, rechtlichen, sozialen, moralischen, theologischen und kirchenpolitischen Fragen und bei der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit berät. Das Gremium besteht aus fünf bis elf Mitgliedern und setzt sich aus Vertretern der Kirchen und aus Fachleuten zusammen.

Diözesane Ansprechpersonen für Opfer

Opfer finden hingegen direkt auf diözesaner Ebene Gehör. In jeder Diözese gibt es nämlich sogenannte „diözesane Ansprechpersonen“, die dem Opfer Beistand leisten und es auch auf die Möglichkeit einer Strafanzeige nach staatlichem Recht hinweisen. Nach einer Missbrauchsmeldung legen die Ansprechpersonen den Fall einem auf diözesaner Ebene eingerichteten Fachgremium vor. Dieses setzt sich anschließend mit dem Fall auseinander und informiert dann den verantwortlichen Bischof. Sowohl die Ansprechpersonen als auch die Mitglieder der Fachgremien sollten entsprechende Qualifikationen und berufliche Erfahrungen besitzen.  

Kirchenrechtliches Verfahren

Was das konkrete Vorgehen angeht, so ist für Fälle sexueller Übergriffe sowohl ein kirchenrechtliches als auch weltliches Strafverfahren vorgesehen. Beide Verfahren sollen sich gegenseitig ergänzen und möglichst parallel in Gang gesetzt werden. Sobald der zuständige kirchliche Leitungsverantwortliche informiert ist, dass aller Wahrscheinlichkeit nach ein sexueller Übergriff stattgefunden hat, soll er eine kanonische Voruntersuchung anordnen (CIC cc. 1717-1719). Dabei kann er sich auf die Unterlagen und Ergebnisse der Arbeit der Ansprechpersonen und Fachgremien stützen bzw. ihre Ermittlungen vervollständigen. Das eigentliche kirchliche Verfahren folgt den Regelungen des kirchlichen Strafprozesses sowie den vom Heiligen Stuhl erlassenen Normen.

Hilfe für Opfer

Die Bischöfe, Ordensoberen und andere kirchliche Führungspersonen sind dafür verantwortlich, im eigenen Zuständigkeitsbereich Opfern die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Je nach Fall handelt es sich dabei um Hilfe in seelsorglicher, ärztlicher, psychotherapeutischer und finanzieller Form.

Was der Umgang mit dem vermeintlichen Täter angeht, so wird die beschuldigte Person bereits in der Phase der Voruntersuchung über die Anschuldigungen informiert und kann so zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Beschuldigte werden außerdem dazu angehalten, jegliche Kontaktaufnahme zu Opfern zu unterlassen.

Präventionsbeauftragte 

Auch in Sachen Präventionsmaßnahmen bestehen in der Schweiz klare Regeln: Unter anderem werden angehende Priester sowie Ordensvertreter vor Aufnahme der Ausbildung eingehend auf ihre Eignung geprüft. Im Jahr 2015 wurde des Weiteren beschlossen, Präventionsbeauftrage in allen Bistümern der Schweiz zu ernennen. Diese sollen dafür sorgen, dass die Missbrauchsproblematik fester Bestandteil der Grundausbildung und Fortbildungsmaßnahmen ist.

Verjährte Übergriffe

Im Jahr 2016 beschloss die Schweizer Bischofskonferenz zudem die Opfer bereits verjährter sexueller Übergriffe finanziell zu entschädigen. Dafür wurde eine Kommission ins Leben gerufen, die entsprechende Fälle prüft und über eine eventuelle Schadensersatzleistung an Betroffene entscheidet.

(schweizer bischofskonferenz – rl)

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18. Februar 2019, 12:57