Missbrauchsdebatte: Welche Maßnahmen ergreift die katholische Kirche in Österreich? Missbrauchsdebatte: Welche Maßnahmen ergreift die katholische Kirche in Österreich? 

Missbrauch: Wie geht die Kirche in Österreich damit um?

In Österreich geht man in der katholischen Kirche spätestens seit 2010 einen klaren Weg der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen sowie der Präventionsarbeit. Zentraler Eckpunkt der kirchlichen Bemühungen ist dabei die 2010 von den Bischöfen österreichweit in Kraft gesetzte Rahmenordnung gegen Missbrauch und Gewalt.

Das Regelwerk mit dem Titel „Die Wahrheit wird euch freimachen“ enthält im rechtlichen Teil die Strukturen und Verfahrensabläufe, die den Umgang mit Betroffenen sowie Beschuldigten regeln, sowie die Standards für die Prävention. Die Einführung enthält Basiswissen und eine Orientierung zu Themen wie dem Umgang mit Nähe und Distanz, sowie zu Fragen nach Täterprofilen, den strukturellen Bedingungen sexueller Gewalt und dem Umgang mit Opfern. 

Ombudstellen für Opfer 

Erstanlaufstelle für Opfer von Gewalt oder sexuellem Missbrauch im kirchlichen Kontext sind die in den Diözesen eingerichteten Ombudsstellen. In jeder Diözese gibt es zudem eine Diözesankommission, die ernstzunehmenden Verdachtsfällen nachgeht, eine möglichst umfassende und objektive Beurteilung des Sachverhalts gewährleisten soll und den Bischof bei der Entscheidung über die weitere Vorgehensweise berät. Über finanzielle Hilfe und Therapiekosten entscheidet die „Unabhängige Opferschutzkommission“ unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic. Die Auszahlung der Mittel erfolgt über die kirchliche Stiftung  „Opferschutz“.

Die kirchliche Stiftung „Opferschutz“ wurde eigens zu dem Zweck gegründet, die Entscheidungen der Unabhängigen Opferschutzkommission umzusetzen. Dass sie Ausdruck einer alle Bereiche der katholischen Kirche in Österreich betreffenden Zuständigkeit ist, sieht man schon an ihrer Zusammensetzung: So ist das Kuratorium mit der Vorsitzenden der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (Sr. Beatrix Mayrhofer), dem Vorsitzenden der Superiorenkonferenz (Altabt Christian Haidinger) und einem Bischof (Weihbischof Hansjörg Hofer) besetzt, ebenso ist der Vorstand paritätisch mit Vertretern von Orden und Diözesen besetzt.

Klare Regeln

Die Rahmenordnung gibt klare Regeln bzw. Vorgangsweisen vor: Besteht nach den Untersuchungen von Ombudsstelle und Diözesankommission ein begründeter Verdacht, so wird der Beschuldigte bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts dienstfrei gestellt. Erhärtet sich ein Verdacht, empfiehlt die Ombudsstelle zudem dem Betroffenen, Anzeige zu erstatten. Besteht außerdem die Gefahr, dass durch den Beschuldigten nach wie vor Personen zu Schaden kommen könnten, ist deren Schutz vorrangig. In diesem Fall wird auf Initiative der Kirchenleitung der Sachverhalt zur Anzeige gebracht. Darüber hinaus wird der Beschuldigte vom kirchlichen Leitungsverantwortlichen zur Selbstanzeige aufgefordert.

Die Rahmenordnung klärt auch die Vorgangsweise bei strafrechtlichen Verfahren gegen einen Beschuldigten im Rahmen des Kirchenrechts, bei dem nach der diözesanen Voruntersuchung die vatikanische Glaubenskongregation als zuständige Stelle über die weitere Vorgangsweise entscheidet. Im Unterschied zum staatlichen Recht sieht das Kirchenrecht dabei strengere Kriterien (Schutzalter, Verjährung) vor. Ermittelt wird also etwa auch dann, wenn staatliche Behörden die Ermittlungen auf Grund von Verjährung eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen haben. 

Im Falle der erwiesenen Schuld können Kleriker aus dem Klerikerstand, Ordensmitglieder aus ihren Gemeinschaften entlassen werden. Aber auch andere Strafen sowie eine Schadensersatzklage seitens des Opfers sind möglich.

Hinsichtlich der Präventionsarbeit wurde gemäß der Rahmenordnung auch in jeder Diözese eine „Stabsstelle für Prävention gegen Missbrauch und Gewalt“ eingerichtet. Aufgabe dieser Einrichtungen ist es, durch gezielte Information, Schulungen und Beratung die Prävention gegen Missbrauch und Gewalt zu fördern.

Schulungen und Präventionsbeauftragter

2016 wurde die kirchliche Rahmenordnung (aus dem Jahr 2010) überarbeitet, nachgeschärft und von der vatikanischen Glaubenskongregation bestätigt. In der überarbeiteten Version ist zum Beispiel eine Verpflichtungserklärung vorgesehen, die alle kirchlichen Mitarbeiter unterzeichnen müssen. Zugleich müssen sie über die Themen der Rahmenordnung nachweislich eine Schulung absolvieren. Das betrifft etwa in der Erzdiözese Wien auch alle ehrenamtlichen Pfarrgemeinderatsmitglieder. In den Pfarrgemeinderäten gibt es zusätzlich jeweils einen Präventionsbeauftragten.

(kap – rl)

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18. Februar 2019, 10:36