Bischof Voderholzer ist mit Kardinal Marx' Deutung nicht einverstanden Bischof Voderholzer ist mit Kardinal Marx' Deutung nicht einverstanden 

Deutschland: Heftige Debatte um das „christliche Abendland“

Bei einem Vortrag im oberbayerischen Mindelstetten hat der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Kardinal Reinhard Marx deutlich widersprochen: Die Seele Europas sei das Christentum und deshalb sei es auch historisch exakt und verantwortbar, vom „christlichen Abendland“ zu sprechen.

In der gegenwärtigen politischen Lage stelle sich die Frage nach den Wurzeln und der Identität Europas, „an der jede Gestaltung seiner Zukunft wird anknüpfen müssen“. Bei Europa handele es sich nicht um „eine geographische oder wirtschaftliche Größe […] sondern um eine geistige Größe“.

Voderholzer mahnte daher, man dürfe die Deutungshoheit nicht anderen überlassen, welche nationalistische Interessen damit verbänden, die zutiefst einer katholischen Universalität widersprächen. Die Begegnung zwischen dem griechischen und römischen Erbe der Antike und dem Christentum habe Europa geschaffen und bleibe die Grundlage dessen, was man mit Recht Europa nennen könne.

„Europa muss innere Schwäche überwinden“

Zum europäischen Fundament gehöre auch der Sonntag als „Urfeiertag Europas“. Er sei weit über kirchliche Anliegen hinaus ein „Kulturgut höchsten Ranges“ und als solches schützenswert gegenüber allen Vereinnahmungsversuchen durch die Wirtschaft. Eine „Gefährdung des christlichen Abendlandes“ durch den Islam, so Voderholzer, sei nicht einfach von der Hand zu weisen. Die größte Gefahr stelle jedoch seine innere Schwäche dar, die es deshalb überwinden müsse.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hatte dagegen vergangene Woche geäußert, er halte von dem Begriff nicht viel, da er vor allem „ausgrenzend“ sei und die große Herausforderung, in Europa dafür zu sorgen, dass verschiedene Religionen mit jeweils eigenen Wahrheitsansprüchen friedlich zusammenleben, verkenne.

 
Hintergrund


Im deutschen Sprachraum wird seit Monaten heftig über den Begriff christliches Abendland gestritten. In der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ wirft der katholische Publizist Marco Gallina Marx vor, er verkaufe das „Erbrecht der katholischen Kirche“ und das Erbe von anderthalb Jahrtausenden aus opportunistischen Gründen an den Zeitgeist. Auch der Theologe Manfred Becker-Huberti habe in einem offiziellen Internetauftritt der katholischen Kirche von einem „Kampf- und Ausgrenzungsbegriff“ gesprochen. Der katholische Priesterkreis „Communio veritatis“, Paderborn, hatte Kardinal Marx sogar zum Rücktritt vom Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz aufgefordert und ihm vorgeworfen, dass er während eines Besuches am Jerusalemer Tempelberg im Oktober 2016 „das Kreuz des Herrn in skandalösem Verrat“ abgelegt habe.

(pm/diverse - ck)

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18. Januar 2019, 10:59