Rechtzeitig zu Weihnachten: Bischof Bode ist zurück Rechtzeitig zu Weihnachten: Bischof Bode ist zurück 

D: Bischof Bode nimmt Amtsgeschäfte wieder auf

Rechtzeitig zu Weihnachten ist Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode nach zehn Monaten krankheitsbedingten Ausfalls zurück im Dienst. Im Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur spricht er über seine Gesundheit und eine mögliche öffentliche Namensliste von Kirchenleuten, die Missbrauchsfälle vertuscht haben.

KNA: Zehn Monate waren Sie krank. An Weihnachten wollen Sie erstmals wieder am Altar des Doms stehen und die Messe mit den Katholiken im Bistum Osnabrück feiern. Was bedeutet Ihnen das?

Bode: Sehr viel. Ich freue mich, dass das wieder geht nach vier Operationen und nach Zeiten, die auch lebensgefährlich für mich waren. Es ist ein großes Geschenk, an Weihnachten wieder im Dom zu sein. Besonders freue ich mich auch auf den Silvestergottesdienst, in dem ich dieses für mich besondere Jahr mit den Menschen im Bistum abschließen kann.

„Es ist ein großes Geschenk, an Weihnachten wieder im Dom zu sein“

KNA: Wie geht es Ihnen jetzt?

Bode: Im Moment sehr gut. Natürlich habe ich einige Nachwehen in den Beinen durch Nervenschmerzen, und das wird auch noch einige Zeit andauern. Viele Bewegungen klappen noch nicht. So kann ich mich noch nicht bis zum Boden bücken. Zudem hatte ich starken Muskelabbau, aber ich arbeite mit einem Physiotherapeuten dagegen an.

KNA: Sie konnten 2018 an den beiden Bischofsvollversammlungen nicht teilnehmen. Im Vatikan hat die Jugendsynode stattgefunden und die deutschen Bischöfe haben die Missbrauchsstudie veröffentlicht. Wie wurden Sie über die Ereignisse auf dem Laufenden gehalten?

Bode: Ich hatte viele Besuche auch von Verantwortlichen aus der Bischofskonferenz. Generalvikar Theo Paul und Weihbischof Johannes Wübbe haben mich ständig mit Informationen versorgt. Der Weihbischof hat ja auch an der Jugendsynode teilgenommen. Somit war es nicht so schwer, auf dem Laufenden zu bleiben. Aber es hat mich schon gestört, mich nicht einbringen zu können. Ich denke vor allem an die Diskussion um den Kommunionempfang evangelischer Ehepartner und die Missbrauchsstudie. In beiden Fällen bin ich als Vorsitzender der Pastoralkommission der Bischofskonferenz besonders gefordert.

„Jugend soll Kirche mitgestalten können“

KNA: Was denken Sie - auch als früherer Jugendbischof - über die Jugendsynode im Oktober?

Bode: Ein großer Vorteil war die Vorsynode dazu im März in Rom mit etwa 300 Jugendlichen. Das hat den Umgang der Kirche mit der jungen Generation schon sehr vertieft. Bei der Synode selbst waren ja mehr die Bischöfe Kern der Tagung und weniger die Jugendlichen, die dort nur beschränkt Möglichkeit zur Teilhabe hatten. Positiv kann man festhalten: Die Kirche hat sich vorgenommen, mehr auf die Jugend zu hören und mehr auf ihre Belange einzugehen. Jugend soll Kirche mitgestalten können. Das Schlussdokument zur Synode kam leider sehr spät und wurde kaum wahrgenommen. Aber das zusammenfassende Papstschreiben wird nochmals zu einer intensiveren Diskussion führen.

KNA: Die von den Bischöfen in Auftrag gegebene Missbrauchsstudie weist bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und 1.670 beschuldigte Geistliche aus. Das Bistum Osnabrück verzeichnete 68 Betroffene und 35 Beschuldigte in den Jahren 1946 bis 2015. Hat Sie das Ausmaß erschüttert?

Bode: Die hohe Zahl ist erschreckend. Wir müssen aber sehen, dass die Mehrzahl der Missbrauchsfälle schon Jahrzehnte zurückliegt und die Fälle in jüngerer Zeit abgenommen haben. Die Studie ist wichtig - zur Vergangenheitsbewältigung für uns und vor allem für die Opfer. Dass heute auch weiter zurückliegende Fälle öffentlich werden, kann ihnen helfen, mit ihrem Leiden fertig zu werden. Die Fälle haben zur Spaltung von Gemeinden und Familien geführt und Lebensgeschichten zerstört. Das kann man gar nicht genug wahrnehmen.

„Ich kann auch weitere Fälle nicht ausschließen“

KNA: Sie haben am dritten Adventwochenende Fälle von sexuellem Missbrauch durch einen heute im Ruhestand lebenden Priester Ihrer Diözese bekanntgegeben. Schon am nächsten Tag meldeten sich weitere Opfer. War das ein Anstoß für die Aufdeckung weiterer unbekannter Fälle?

Bode: Es ist gut möglich, dass sich Opfer durch die Veröffentlichung ermutigt fühlen. Ich kann auch weitere Fälle nicht ausschließen. Wir wissen nicht, ob wir bisher alles wahrgenommen haben. Zudem hat die mediale Öffentlichkeit den Vorteil, dass unsere Netzwerke der Hilfe, etwa die unabhängigen Ansprechpersonen für Missbrauch, noch besser bekannt werden.

KNA: Im Nachgang zur Studie fordern viele die Nennung der Namen jener, die früher Beschuldigte möglicherweise durch Versetzungen gedeckt und Taten nicht sanktioniert haben. Wie stehen Sie dazu?

Bode: In manchen drastischen Fällen von wissentlicher Vertuschung wird es nötig sein, Namen zu nennen. Andererseits wurden viele Entscheidungen von Organisationen innerhalb der Kirche getroffen, so dass die Nennung einzelner Verantwortlicher schwer fällt. Zudem sind manche Fälle auch aus heutiger Sicht nicht so ganz eindeutig und die damit Befassten verstorben. Eine Täterliste von Verantwortlichen zu erstellen, halte ich daher für schwierig.

„Ich gebe zu, ich habe die schwere Wirkung der Taten auf die Opfer unterschätzt“

KNA: Werfen Sie sich aus heutiger Sicht etwas vor bezüglich Ihrer eigenen Entscheidungen in der Vergangenheit?

Bode: Ich gebe zu, ich habe die schwere Wirkung der Taten auf die Opfer unterschätzt. Früher habe auch ich nicht begriffen, warum sich Menschen erst 30 Jahre später melden, warum manche die Taten nicht zur Anzeige bringen wollen. Ich habe die Verletzung der Psyche nicht genug erkannt. Das sehe ich heute anders. Das sieht auch die Kirche heute anders.

„Missbrauchsfälle zeigen, dass der Zölibat indirekt mitverantwortlich für solche Taten sein kann“

KNA: Als Konsequenz aus den Missbrauchsfällen fordern manche jetzt eine andere Sexualmoral der Kirche. Wie stehen Sie dazu?

Bode: Wir werden uns intensiv damit befassen müssen, wie wir als Kirche auf Menschen schauen, die ihre gleichgeschlechtliche Beziehung bindungsbereit und verantwortungsvoll leben. Wie würdigen wir deren Sexualität? Darauf müssen wir Antworten finden. Zudem zeigen die Missbrauchsfälle, dass der Zölibat indirekt mitverantwortlich für solche Taten sein kann - in Fällen, in denen falsche Motive für diese Lebensform zu sexuellen Verfehlungen führen. Der Zölibat muss reflektiert und in wirklicher Freiheit gewählt werden.

KNA: Sie haben vieles nachzuholen - in den Gemeinden, mit Gläubigen, in der Bischofskonferenz. Werden Sie ihr Arbeitspensum jetzt verdoppeln müssen?

Bode: 2019 wird noch ein Jahr der gebremsten Kraft werden. So werden der Weihbischof und ich die geplanten Visitationen von Gemeinden um ein Jahr verschieben. Das gibt uns Zeit, uns mehr dem Bistum zu widmen. Ich muss an die kommenden sieben Jahre denken, die ich noch in Osnabrück als Bischof plane. Es nutzt nichts, die ganze Kraft am Anfang zu verpulvern.

Das Interview führte Johannes Schönwälder.

(kna - gs)

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20. Dezember 2018, 11:49