Bundesjustizministerin Katarina Barley Bundesjustizministerin Katarina Barley  

Deutschland: Regierung fordert Kirche zu Öffnung der Archive auf

Bundesjustizministerin Katarina Barley übt harte Kritik an Vertuschung von Kindesmissbrauch durch die katholischen Bistümer. Sie erwarte, dass die Kirche ihre Akten zugänglich mache. Das sagte sie der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.

„Akten zu manipulieren, um jemanden vor der Strafverfolgung zu schützen, kann eine strafbare Handlung sein. Das wird in der Regel den Tatbestand der Strafvereitelung erfüllen und kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.“ Das erklärte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) gegenüber der „Zeit“. Weiter betonte sie: „Der Rechtsstaat akzeptiert keine Geheimarchive. Alle Unterlagen in den kirchlichen Archiven können von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt und ausgewertet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.“

Voraussetzung sei stets ein konkreter Anfangsverdacht, erläuterte sie. „Man kann im Rechtsstaat nicht einfach eine Hundertschaft Staatsanwälte in die Archive schicken, und die lesen auf gut Glück alles durch.“ Wenn die Ermittler jedoch einen Anhaltspunkt hätten, „dann müssen sie sogar die Öffnung von Archiven, die Herausgabe von Unterlagen verlangen, dann können sie auch Durchsuchungsbeschlüsse erwirken.“

„Wagenburgmentalität, die lieber die Organisation schützt“

 

Auf die Frage, ob es sich bei der systematischen Vertuschung von Kindesmissbrauch um organisierte Kriminalität gehandelt habe, sagt Barley: „Nein, das hat mit organisierter Kriminalität nichts zu tun.“ Denn es sei nicht der Daseinszweck der katholischen Kirche, Kinder zu missbrauchen. Das Problem liege „in einer Wagenburgmentalität, die lieber die Organisation schützt als das Wohl der Kinder“.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey rief die katholischen Laien zu mehr Einmischung auf. Ihr Schweigen gehöre zu den „Eigentümlichkeiten des Missbrauchsskandals“, schreibt das Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Das sei seiner Einschätzung nach „Ausdruck des Entsetzens und der Fassungslosigkeit“, so Frey. Viele Laien fühlten sich von dem Missbrauchsskandal „peinlich berührt“ und „um ihre spirituelle Heimat betrogen“. Man denke sich das Seine über die Priester vorne am Altar, ohne zu reden. Das reiche aber nicht.

„Die Laien müssen sprechen, Veränderungen und Verantwortung fordern“, forderte der Journalist. Die Macht zwischen „Amt und Laien“ müsse neu austariert werden. Es sei Zeit, die „Priesterfixierung aufzugeben“. Gerade die Kirche in Deutschland habe Mittel genug, um nichtgeweihten, aber theologisch und seelsorgerlich gut ausgebildeten Fachleuten mehr Verantwortung zu geben - etwa als hauptamtliche Gemeindevorsteher, als Dekanatsleiter und in den bischöflichen Verwaltungen und Hilfswerken.

(kna – ros)

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03. Oktober 2018, 12:31