Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz 

D: Kardinal Marx warnt vor „Unachtsamkeit und Klerikalismus“

Vor dem Hintergrund einer wissenschaftlichen Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland hat Kardinal Reinhard Marx dazu aufgefordert, Haltungen zu überdenken und zu verändern. „Wie viel Unachtsamkeit, wie viel klerikales Gehabe steckt in uns?“, fragte der Erzbischof an diesem Dienstag in einem Gottesdienst anlässlich des Priestertages des Erzbistums München und Freising.

Er warnte die Kirche ausdrücklich davor, Kritik am Umgang mit dem Thema beiseite zu schieben: „Wir sollten Kritik als Ermutigung begreifen, diese Aufgabe anzupacken.“ Die Verantwortlichen in der Kirche müssten „hinschauen, hören und Konsequenzen ziehen – das wird ein schmerzvoller Prozess“, sagte Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Berater von Papst Franziskus ist. „Es ist nicht einfach, sich darüber auszutauschen, aber wir dürfen der Herausforderung nicht ausweichen.“ Jeder, der ein geistliches Leben führe, wisse, dass manchmal ein „toter Punkt“ komme, eine Hoffnungslosigkeit, und man sich frage, wie es mit der Kirche weitergehen solle. „Ich bin überzeugt, es kommt eine große Veränderung.“

„Hinschauen, hören und Konsequenzen ziehen – das wird ein schmerzvoller Prozess“

Neben vielen positiven Seiten müsse man auf das „Dunkle schauen. Sünde und Gewalt ziehen sich durch die Geschichte der Kirche.“ Dies werde nun durch die neue Studie, die in der kommenden Woche bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz auf der Tagesordnung steht und der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, neuerlich mit voller Wucht sichtbar. „Es ist zutiefst verstörend, dass Menschen innerhalb der Kirche Böses erfahren durch Menschen, die das Evangelium verkünden sollen.“

Marx erinnerte daran, dass Priester in Vertretung Christi eingesetzt seien. „Es ist ein riesiger Anspruch.“ Priester seien aber nicht die „Herren des Glaubens der Menschen“, sondern die „Diener ihrer Freunde, die sie ermutigen sollen“. Der Kardinal sagte, die Kirche müsse die Begabungen der Laien „noch mehr wertschätzen als bisher“. Das Volk Gottes mit seinen unterschiedlichen Begabungen sei ein „großer Reichtum“.

Eigentliches Thema des turnusgemäßen Priestertages war „Kirche in einer digitalisierten Welt“. Die an den Gottesdienst anschließende Tagung dazu fand in den Räumen der Katholischen Akademie Bayern statt. 

(pm - cs)

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18. September 2018, 13:26