Asylsuchende in Deutschland Asylsuchende in Deutschland 

Schwer zu beurteilen: Wenn Asylsuchende Christen werden

Wer zum Christentum übertritt, muss in manchen Ländern mit Verfolgung und Todesstrafe rechnen. Trotzdem lehnt das deutsche Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge (BAMF) reihenweise Asylanträge von zum Christentum übergetretenen Geflüchteten ab.

Heribert Hirte, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Stephanuskreises des Deutschen Bundestages hat im Interview mit dem Kölner Domradio erklärt, dass es in solchen Entscheidungen, zwei Sphären gibt, die es zu unterscheiden gilt.

„Zunächst mal müssen wir die Frage stellen, ob jemand zu einer Religion gehört oder nicht. Das ist eine Frage der persönlichen Überzeugung. Die Frage hingegen, ob jemand bei uns Asyl gewährt bekommt, ist eine staatliche Entscheidung. Die eine Frage hat natürlich mit der anderen Frage zu tun, aber es ist nicht so, als ob ein Gutachter die staatliche Entscheidung abschließend beurteilen könnte. Das darf auch so nicht sein, weil das letztlich zwei unterschiedliche Sphären sind“, so Hirte.

Verschiedene Schattierungen

 

Immer wieder werde das Argument eingebracht, dass sich wohl kaum jemand zum christlichen Glauben bekehren würde, nur um einen Asylgrund zu schaffen. Schließlich weiß er ja, dass er damit in seinem Herkunftsland sozusagen sein eigenes Todesurteil unterzeichnet. Das ist dem Politiker auch bekannt. Und er bestätigt auch, dass es eine große Zahl von Menschen gibt, die sich aus Überzeugung vom Islam abkehren und zu anderen Religionen zu wenden. Aber auch da geben es, wie immer im Leben, verschiedene Schattierungen

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„Wir wissen aber auch, dass es Menschen gibt, die das aus taktischen Gründen tun. Und man kann noch nicht einmal sagen, dass das ein schlechter Grund ist. Denn wir wissen natürlich auch, dass in manchen Ländern der Welt gesagt wird: Das Christentum ist das, was die sogenannte westliche Welt ausmacht. Und wenn man diese westliche Welt als Lebensmodell für gut hält, dann bekennt man sich zum Christentum, um dorthin zu kommen. Aber diese Einzelüberlegungen voneinander abzugrenzen, ist außerordentlich schwierig“, erklärt der Politiker.

Die Mitglieder des Stephanuskreises im Bundestag, der sich für Toleranz und Religionsfreiheit und auch für verfolgte Christen auf der ganzen Welt einsetzt, haben nach Hirtes Darstellung sehr intensiv mit den Mitarbeitern des Bamf gesprochen.

Was ist wirklich innere Überzeugung?

 

„Und wenn ich dann in Diskussionen die Frage stelle: Was meinen Sie denn, wie viele Prozent der Menschen, die aus Afghanistan zu uns kommen, fühlen sich nicht als Christen? Dann bekommt man die Zahl von 95 Prozent zu hören, und das führt dann bei uns in Deutschland zu Stirnrunzeln“, sagt der Bundestagsabgeordneter.

Und dann müsse man der Frage nachgehen, wieviel ist innere Überzeugung und wieviel ist vielleicht nicht innere Überzeugung, so Hirte weiter. Es gebe aber eine politische Frage, die habe man sich noch gar nicht gestellt, und zwar –

„dass wir in vielen Ländern der sogenannten islamischen Welt auch sehen, dass es eine starke innere Distanzierung von dem sogenannten herrschenden und von den Regierungen gepflegten Islam gibt. Und alle diese Menschen sagen dann: Wir sind letztlich Christen… Aber wir können nicht alle diese Menschen aufnehmen. Das macht die Sache außerordentlich schwierig, weil für diese letzte Frage noch überhaupt keine verbindliche Entscheidung da ist.“

Um den Glauben eines Menschen gerichtsfest zu beurteilen, müsse man zu allererst klären, ob mit Verfolgung gerechnet werden muss, wenn diese Person wieder zurück in die Heimat geschickt wird.

Forderungen an die Regierung

 

„Und diese Frage ist natürlich davon abhängig, ob es eine Überzeugung gibt, ob in dem Land, in das zurückgeschickt wird, bekannt ist, dass es in einigen Fällen keine wirkliche Glaubensüberzeugung gibt, und ob in manchen Gemeinden die Strafen gegen den Abfall vom islamischen Glauben nicht so praktiziert werden, wie es im formalen Islam vorgeschrieben ist. Diese Entscheidung ist eine staatliche Entscheidung“, betont Heribert Hirte.

Von der Bundesregierung und von der BAMF fordert der Abgeordnete, dass die Entscheidung und die Frage der Verfolgung kritisch geprüft werden. Darüber hinaus fordere er auch, dass umgekehrt die Frage der Verfolgung und die Frage der möglichen Bedrängung im Falle einer Rückführung ausgewogener gesehen werden.

„Wir wissen, dass die Verfolgungslage nicht in allen Regionen eines Landes völlig identisch ist und dass nicht jedes Bekenntnis zu einer anderen Religion in den entsprechenden Ländern als kritisch angesehen wird. Sonst hätten wir – das ist ja eine andere Situation in Ländern wie dem Iran – keine geduldeten Hauskirchen, in denen Christentum praktiziert wird und die auch mit Billigung und Wissen der staatlichen Institutionen dort existieren“, sagt der Politiker.

(vaticannews - mf)

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11. August 2018, 13:17