Franziskus bei Priesterweihen im April in Rom Franziskus bei Priesterweihen im April in Rom 

D: „Zulassung zum Priesteramt überdenken“

Angesichts der „eucharistischen Austrocknung der Kirche“ sollten nach Ansicht des deutschen Jesuiten Stefan Kiechle die Zulassungsbedingungen beim Priesteramt überdacht werden - und das nicht nur hinsichtlich bewährter verheirateter Männer („viri probati“), sondern auch der Weihe von Frauen.

Kiechle ist Chefredakteur der Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ und war bis 2017 Provinzial der deutschen Jesuiten-Provinz. In einem Blog-Eintrag auf der Website der österreichischen Jesuiten beklagte er, dass durch den anhaltenden Priestermangel vielerorts die regelmäßige Eucharistiefeier in Gefahr gerate.

Dies müsse schwerer wiegen, als an einem überkommenen Kirchenbild festzuhalten, so der Autor. Er plädierte für ortskirchlich unterschiedliche Lösungen im Sinn von katholischer Vielfalt: „Die Bischöfe sind hier am Zug.“

Mit der Eucharistie seien „Quelle und Höhepunkt kirchlichen Lebens“ und damit die „sakramentale Grundstruktur der Kirche“ gefährdet, erinnerte Kiechle an das Zweite Vatikanische Konzil. Wortgottesfeiern als Alternative würden von vielen Katholiken nicht angenommen, sie blieben weg. „Ist bewusst, dass uralte Theologien und ebenso das Vatikanum II mit ihrem Sinn für die Unverzichtbarkeit der Eucharistie konterkariert werden? Wo bleibt der Aufschrei, besonders jener der Traditionshüter?“, so die kritische Anfrage des Jesuiten.

„Nachdenk- und Redeverbot verhängt“

Über die Weihe von „viri probati“ dürfe man „neuerdings wieder öffentlich reden“. Damit würden jedoch Vorbehalte gegen „noch mehr Männer am Altar“ nicht verschwinden. Über das Frauenpriestertum sei seit Papst Johannes Paul II. ein „Nachdenk- und Redeverbot verhängt“, erinnerte Kiechle, „doch kann man dieses in krisenhaften und zugleich aufgeklärten Zeiten ernsthaft durchsetzen oder auch nur durchsetzen wollen?“ Die feministische Theologie und die Frauenbewegung hätten zudem neue Erkenntnisse eingebracht, „hinter die es kein Zurück mehr gibt“, so der Ordensmann.

Halte man am zölibatären Männerklerus fest, „so verstärkt sich in diesen Mangelzeiten der Eindruck, hier wolle eine boygroup ihre Macht erhalten“, gab Kiechle provokant zu bedenken. Geänderte Zulassungsbedingungen würden unweigerlich „Geheul in den reaktionären, medial sehr effizienten Netzwerken“ auslösen, die „Lehre der Kirche“ werde zersetzt „und das Abendland gehe unter“. In den Leitungsetagen der Kirche fürchte man eine traditionalistische Abspaltung – „aber das gab es in der Geschichte öfters, und wäre diese wirklich so gravierend?“ Kiechle wörtlich: „Ist die eucharistische Austrocknung der Kirche nicht ein größerer und schwerer zu verantwortender Schaden als das Schisma einiger Gralshüter eines sehr alten Kirchenbildes?“

Im Zuge der von Papst Franziskus angeregten Dezentralisierung könnten Änderungen beim Priesteramt „abgestimmt, aber eigenverantwortlich“ zu unterschiedlichen Lösungen führen, regte der Jesuit an. Manche Ortskirchen könnten „einige Schritte vorangehen“, immerhin bedeute „katholisch“ immer auch strukturelle Vielfalt, Integration von Kulturen, geistliche Kreativität, elegante und den lokalen Bedürfnissen angepasste Lösungen.

„Priestermangel bereits dramatisch“

Der Rückgang der Priesterzahl sei bereits „dramatisch“ und erfordere ein Gegensteuern. „Die Zahl der Eucharistiefeiern wurde heruntergefahren, bisweilen über die Schmerzgrenze hinaus."“ In 15 oder 20 Jahren – „unter 40-jährige Priester oder gar Seminaristen gibt es ja kaum noch“ - wird laut Kiechle auch diese „Struktur“ wegbrechen.

Priester hätten die Aufgabe, den Glauben und die Liebe zu verkünden und den Armen nah zu sein. Diese „gleichsam sakrale Person ist es, die aus sich auf Gott verweist“ und daher von den Menschen gesucht werde. Kiechles Schlussappell: „Ein immenser Verlust wäre es nicht nur für die Kirche, sondern für die Menschheit, würden die Priester aussterben.“

(kap – sk)

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04. Mai 2018, 15:24