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Jean-Claude Hollerich ist der Nachfolger von Kardinal Marx als Vorsitzender der COMECE Jean-Claude Hollerich ist der Nachfolger von Kardinal Marx als Vorsitzender der COMECE 

Ein Anwalt für Kirche und Menschen

Ein Antrittsbesuch auf EU-Ebene: Der neue Vorsitzende der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (Comece) Jean-Claude Hollerich traf sich erstmals in dieser Funktion mit seinem Landsmann Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission. Wir sprachen mit Erzbischof Hollerich.

Nadine Vogelsberg - Vatikanstadt

 

Neben dem gleichen Vornamen, der luxemburgischen Nationalität und der gemeinsamen Gymnasialzeit verbindet die beiden noch mehr, erzählte der Erzbischof: „Wir konnten feststellen, wir berufen uns beide auf die katholische Soziallehre, auf ein soziales Europa, wo besonders die Schwachen, die Arbeitslosen, jugendliche Arbeitslose im Zentrum der Politik stehen müssen.“

Besonders das Thema der Jugendarbeitslosigkeit liegt ihm am Herzen. Diese ist in vielen Ländern Europas ein zunehmendes Problem. In Ländern wie Griechenland, Spanien oder Italien leben besonders viele Jugendliche ohne Job und auch im deutschsprachigen Raum sind viele Jugendliche nur befristet, in Teilzeit oder als sogenannte „feste Freie“ eingestellt. Dass das nur zu Problemen führen kann, ist Hollerich klar: „Besonders, wenn es eine strukturelle Arbeitslosigkeit ist, wenn einige Jugendliche gar keine Chance mehr auf einen Job haben und auch keine Chance mehr, einen Job in ihrem Land zu haben, ist das sicher ein Element einer psychologischen Destabilisierung in Europa und das kann der europäischen Idee sehr gefährlich werden. Das weckt neue Populismen, das weckt Geister der Vergangenheit auf. Hier ist die Politik verpflichtet, etwas zu tun!“

Die Jugendlichen müssten mehr Chancen erhalten, ihre existenziellen Risiken begrenzt werden, fordert Hollerich. Überhaupt hat der 59-Jährige viele Themen auf seiner Agenda stehen. Dabei betont er, dass er selbst kein Politiker, sondern ein Bischof sei. „Aber es ist ja auch die Aufgabe des Präsidiums der Comece sozusagen die Position der verschiedenen Bischofskonferenzen ganz klar darzulegen. Und eine solche Position ist nicht immer das, was die Politiker hören möchten. Wir sind ja nicht da, um den Politikern zu gefallen, sondern auch um uns zum Anwalt der Kirchen und der Menschen in Europa zu machen. Und die Politik kann nur davon profitieren, wenn sie auch eine kritische Stimme zulässt und auf diese kritische Stimme hört.“

Als Vertreter der Bischofskonferenzen sieht er seine Aufgabe daher darin, immer wieder an die Politik zu appellieren, die doch ein Steuerelement der Gesellschaft sei und sein müsse. So setzt er sich vor dem Hintergrund der Religionsfreiheit für die Legalität der Beschneidung ein. Im Gespräch mit Jean-Claude Juncker erinnerte er daran, dass Religionsfreiheit sei schließlich ein Menschenrecht sei. Auch sprach er eine deutliche Mahnung für den Umweltschutz aus – diesen zu vernachlässigen bedeute eine Katastrophe, nicht nur für Europa, sondern für die gesamte Menschheit. Zum Frieden mahnte er in einem Appell gegen Waffenexporte.

Dagegen macht er sich dafür stark, Geflüchtete aufzunehmen: „Aber es ist auch ganz klar, dass wir als Kirche vom Evangelium her den Auftrag haben, Fremde aufzunehmen, Leute, die unterdrückt sind aufzunehmen, Leute, die auf der Flucht sind aufzunehmen und dass sie damit nicht Menschen zweiter Klasse in unseren Ländern werden dürfen.“

Viele Themen und viele Aufgaben also für jemanden, der von sich sagt, seine Aufgabe bestehe vor allem darin, Kontakte zu knüpfen: Nicht nur zwischen Kirche und Politik, sondern auch zwischen den Menschen Kirche und Politik. Denn die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen ist für Luxemburgs Erzbischof essentiell. Ohne diese Sorge – so Hollerich – könne eine Demokratie nicht bestehen.

Zum Nachhören:

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19. April 2018, 15:16