Regina Coeli: Der Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
An diesem dritten Sonntag der Osterzeit erzählt das Evangelium von der Begegnung des auferstandenen Jesus mit den Emmausjüngern (vgl. Lk 24,13-35): zwei Jünger, die – enttäuscht über den Tod des Meisters – am Ostertag beschließen, Jerusalem zu verlassen und nach Hause zurückzukehren. Vielleicht waren sie etwas irritiert, weil sie von den Frauen gehört hatten, die zum Grab gegangen waren und vom Herrn berichtet hatten. Und während sie also traurig über das Geschehene sprechen, kommt Jesus hinzu und geht mit ihnen, aber sie erkennen ihn nicht. Er fragt sie, warum sie so traurig sind, und sie antworten ihm: „Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?“ (V. 18). „Was denn?“ (V. 19), will er wissen. Und sie erzählen ihm die ganze Geschichte, Jesus lässt sich alles berichten, was passiert ist. Und während sie so weitergehen, hilft er ihnen, die Tatsachen im Licht des Wortes Gottes, der Prophezeiungen, neu einzuordnen; also im Licht all dessen, was dem Volk Israel verheißen worden war. Neu deuten: das ist es, was Jesus mit ihnen tut: er hilft ihnen, die Dinge neu zu deuten. Doch sehen wir uns das genauer an.
Der Herr freut sich, wenn wir uns ihm öffnen
Auch für uns ist es wichtig, unsere Geschichte mit Jesus gemeinsam zu deuten: die Geschichte unseres Lebens, eines bestimmten Zeitabschnitts, die Geschichte unserer Tage mit all ihren Enttäuschungen und Hoffnungen. Auch wir können uns, wie diese Jünger, angesichts der Ereignisse verloren fühlen, alleingelassen und irritiert, mit so vielen Fragen und Sorgen. Das heutige Tagesevangelium lädt uns ein, Jesus alles zu sagen; ohne Angst - er hört zu -, ihn damit zu belästigen; ohne Angst davor, etwas Falsches zu sagen – und ohne uns dafür schämen zu müssen, dass es uns so schwerfällt, die Dinge zu verstehen. Der Herr freut sich, wenn wir uns ihm öffnen; nur so kann er uns bei der Hand nehmen, uns begleiten und unser Herz wieder zum Brennen bringen (vgl. V. 32). Dann sind auch wir, wie die Emmausjünger, gerufen, mit ihm Zwiesprache zu halten, damit er, wenn es Abend wird, bei uns bleibt (vgl. V. 29).
Es gibt eine schöne Gelegenheit, das zu tun – und genau das möchte ich heute vorschlagen: man kann jeden Abend einen Moment Gewissenserforschung halten. Fragen wir uns: Was ist heute in mir vorgegangen? Es geht darum, den Tag mit Jesus noch einmal Revue passieren zu lassen, unseren Tag neu zu deuten: Dem Herrn unser Herz zu öffnen, die Menschen, die uns begegnet sind, unsere Entscheidungen, Ängste, Niederlagen und Hoffnungen vor ihn zu tragen; alles, was uns passiert ist; nach und nach zu lernen, die Dinge mit anderen Augen zu sehen, mit den Augen Jesu, und nicht nur mit unseren. So können wir die Erfahrung der beiden Jünger nachempfinden.
Jesus Zeit und Raum geben
Dank der Liebe Christi kann selbst das, was mühsam und sinnlos zu sein scheint, in einem anderen Licht erscheinen: ein Kreuz, das wir nur zögernd auf uns nehmen; die Entscheidung, eine Beleidigung mit Vergebung zu vergelten oder eine Gelegenheit zur Rache verstreichen zu lassen; die Mühen der Arbeit; die Ehrlichkeit, die oft einen hohen Preis hat; die Prüfungen im Familienleben – all das kann uns in einem neuen Licht erscheinen: Dem Licht des Gekreuzigten und Auferstandenen, der uns nach jedem Fall einen Schritt nach vorne tun lässt. Aber dazu ist es wichtig, die Mauern einzureißen, die wir um uns herum errichtet haben: es gilt, Jesus Raum und Zeit zu geben, nichts vor ihm zu verbergen, alles Elend vor ihn zu tragen, sich von seiner Wahrheit verwunden zu lassen und zuzulassen, dass der Hauch seines Wortes unser Herz zum Schwingen bringt.
Wir können gleich heute damit anfangen. Nehmen wir uns heute Abend einen Moment Zeit für ein Gebet und fragen wir uns: Wie war mein Tag? Welche Freuden, welche Trauer, welche Ärgernisse habe ich erlebt, was ist passiert? Was waren die vielleicht verborgenen Dinge, für die ich dankbar sein kann? Habe ich das, was ich getan habe, mit Liebe getan? Und was sind die Niederlagen, die Trauer, Zweifel und Ängste, die ich vor Jesus trage, damit er mir neue Wege aufzeigt, mich aufrichtet und ermutigt? Maria, Jungfrau der Weisheit, hilf uns, Jesus zu erkennen, der mit uns geht, und jeden Tag unseres Lebens neu vor ihm zu deuten.
(vaticannews - skr)
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