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Papst Franziskus bei der Messe am Hafen von Molfetta Papst Franziskus bei der Messe am Hafen von Molfetta 

Papst Franziskus bei Freiluftmesse: Nicht für sich selbst leben

Nicht mehr für sich selbst leben ist das „Markenzeichen“ eines Christen. Das betonte Papst Franziskus bei seiner großen Freiluftmesse am Hafen von Molfetta an diesem Freitag.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Strahlender Sonnenschein begrüßte Papst Franziskus im apulischen Städtchen Molfetta, wo er vor der malerischen Kulisse des Hafens eine Freiluftmesse hielt. Molfetta war der Bischofssitz von Don Tonino Bello, dem unbequemen und gleichzeitig demütigen Geistlichen, dem der Papst anlässlich dessen 25. Todestages die Ehre erweisen wollte. Die Lesungen des Tages hätten zwei zentrale Elemente des christlichen Lebens ins Zentrum gestellt, so Franziskus in seiner Predigt vor mehr als 40.000 Gläubigen: Das Brot und das Wort. „Esst mein Fleisch und trinkt mein Blut“: dazu fordert Jesus seine Jünger auf. Doch was bedeutet das?, fragte Franziskus, um gleich selbst die Antwort darauf zu geben:

„Dass es für unser Leben grundlegend ist, in eine lebendige und persönliche Beziehung mit ihm einzutreten. Fleisch und Blut. Das ist die Eucharistie: nicht ein schöner Ritus, sondern die intimste, konkreteste und überraschendste Gemeinschaft mit Gott, die man sich vorstellen kann. Eine derart reale Liebesgemeinschaft, dass sie die Form des Essens annimmt.“

Ohne Gott, ohne dieses Brot des Lebens sei jede Anstrengung der Kirche zum Scheitern verurteilt, betonte der Papst mit Blick auf Don Tonino, der in der Eucharistie den Ausgangspunkt aller kirchlichen Aktivitäten verortete, ohne den „jedes pastorale Engagement nur ein Windrädchen von Dingen“ (Don Tonino) sei.

Jesus, so fuhr der Papst fort, sei „gebrochenes Brot“ für uns, „und wer es empfängt, wird seinerseits gebrochenes Brot, das nicht durch Stolz gärt, sondern das sich den anderen hingibt: er hört auf, für sich selbst zu leben, für den eigenen Erfolg, um etwas zu haben oder jemand zu werden, sondern er lebt für Jesus und wie Jesus, das heißt, für die anderen. ,Leben für´ ist das Kennzeichen dessen, der dieses Brot isst, das ,Markenzeichen´ des Christen.“

„Nach der Messe lebt man nicht mehr für sich selbst, sondern für die anderen.“

Man könnte eigentlich einen Aushang vor jeder Kirche anbringen, scherzte Franziskus, auf dem stehe: „Nach der Messe lebt man nicht mehr für sich selbst, sondern für die anderen.“ Dies habe Don Tonino Bello verinnerlicht, kehrte der Papst zum Anlass seiner Pastoralreise zurück, denn er sei ein „Bischofs-Diener“ gewesen, der vor dem Tabernakel gelernt hatte, „sich von den Menschen essen zu lassen“.

„Er träumte von einer Kirche, die Hunger nach Christus hat und intolerant gegenüber jeder Weltlichkeit ist, eine Kirche, die ,den Leib Christi in den unbequemen Tabernakeln der Armut, des Leids, der Einsamkeit erkennt´,“ zitierte er aus einem Schreiben des Bischofs, der stets dazu einlud, sich vom Tisch des Herrn zu erheben und Dienst zu versehen, anstatt sich selbst bedienen zu lassen. Denn nur so könne das Sakrament sich wahrhaft erfüllen, wiederholte der Papst einen immer wieder geäußerten Gedanken von Don Tonino.

„Das Brot des Lebens, das gebrochene Brot, ist in der Tat auch das ,Brot des Friedens´. Don Tonino vertrat die Ansicht, dass der Frieden nicht kommt, wenn einer sich nur sein Brot nimmt und weggeht, um es allein zu essen. Der Frieden ist mehr als das: er ist Geselligkeit.“ Geselligkeit, die sich im aufmerksamen Wahrnehmen der Gesichter der Mahlsgenossen niederschlage, führte der Papst weiter aus, denn alle Konflikte, so ein erneutes Zitat des Pax-Christi-Bischofs, „haben ihre Wurzel in einem Verschwimmen der Gesichter.“

Das Brot werde durch das Wort begleitet, fuhr der Papst fort. Im Evangelium werde überliefert, dass die Worte Jesu in aufgebrachten Diskussionen kommentiert werden. „Viele unserer Worte gleichen diesen: wie kann das Evangelium die Probleme der Welt lösen? Was nützt es, inmitten so vielen Bösen Gutes zu tun? Und so machen wir den gleichen Fehler wie diese Menschen, die gelähmt davon sind, über die Worte Jesu zu diskutieren, anstatt bereit zu sein, die Änderung des Lebens aufzugreifen, die er verlangt.“

„Jesus antwortet man mit dem ,Ja´ des ganzen Lebens“

Mit auffordernden und direkten Worten habe auch Don Tonino die Gläubigen dazu eingeladen, von Worten „endlich auf Taten“ umzusteigen, erinnerte der Papst, denn Jesus antworte man nicht je nach den Berechnungen oder der Zweckdienlichkeit des Augenblicks, „sondern mit dem ,Ja´ des ganzen Lebens.“

Es sei das Wort Gottes selbst, das dies nahelege, führte der Papst mit Blick auf die Bekehrung des Saulus, von der die erste Lesung spricht, aus. Er solle sich erheben, sofort in die Stadt gehen, und dort auf Anweisung warten, was er zu tun habe, tut ihm Jesus bei seiner Erscheinung kund. Und obwohl Saulus ein „entschiedener und geachteter“ Mann sei, entschließe er sich dazu, geduldig zu sein und zu gehorchen.

„Das erste ist, zu vermeiden, dass man auf dem Boden liegen bleibt, das Leben über sich ergehen lässt, durch Angst gehemmt ist. Wie oft wiederholte Don Tonino: ,Auf die Füße!´, denn vor dem Auferstandenen kann man nur auf den Füßen stehen. Immer wieder aufstehen, nach oben schauen, denn der Apostel Jesu kann nicht von kleinen Befriedigungen leben.“

„Der Apostel Jesu kann nicht von kleinen Befriedigungen leben.“

Gleichzeitig müsse man loslaufen, in Bewegung kommen, fuhr der Papst fort, denn nach einer Begegnung mit dem Gottessohn könne man nicht mehr warten und Dinge auf die lange Bank schieben. Saulus, blind, gehorcht und geht in die Stadt, und auch Hananias, dem der Herr erscheint, geht trotz seines Zögerns los, um Saulus von dessen Blindheit zu heilen.

„Wir sind alle aufgerufen, in was für einer Situation auch immer wir uns befinden, Träger der österlichen Hoffnung zu sein, Diener der Welt, aber als Auferstandene, nicht als Angestellte. Ohne jemals in Traurigkeit zu verfallen, ohne jemals aufzugeben.“

Und schließlich der Gehorsam, den der bis dahin grausame Verfolger der Christen zeigt: er lerne, so führte der Papst aus, dass sein Leben nicht mehr von ihm selbst abhänge, werde demütig und geduldig. Es sei das Wort Gottes, das auf diese Weise wirke: „es befreit, erhebt, lässt vorwärts gehen, demütig und gleichzeitig mutig.“ Dies heiße jedoch nicht, dass man zu „gefeierten Hauptdarstellern“ oder „Helden des eigenen Geschicks“ werde, mahnte der Papst abschließend, sondern es bedeute vielmehr, unverfälschte Zeugen Jesu in der Welt zu sein:

„Liebe Brüder und Schwestern, in jeder Messe nähren wir uns vom Brot des Lebens und dem Wort, das errettet: leben wir das, was wir zelebrieren! So, wie Don Tonino, werden wir Quellen der Hoffnung, der Freude und des Friedens sein.“

Im Anschluss an die Messe, mit rund einer Stunde Verspätung gegenüber dem ursprünglichen Programm, kehrte Papst Franziskus per Hubschrauber in den Vatikan zurück.  

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20. April 2018, 13:41